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Brief vom 26. Juni 1681

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugraf Karl Ludwig zu Pfalz


9.


[015]
St Clou den 26 Juni 1681.
Hertzallerlieb Carlutz, seit gar in keinen sorgen wegen Jasmin! Er ist gar glücklich vndt woll den 18 May hir ahngelangt vndt hatt mir Ewer paquet gar trewlich überlieffert, vndt wen es bey ihm gestanden were, hettet Ihr ihn all vor lengsten wider gesehen; den er hatt offtermahlen ahn seine abfertigung treiben laßen, allein es ist mir unmöglich geweßen, Eüch eher, alß nun zu schreiben, noch ihn also wider zurück zu schicken; jedoch versichere ich Eüch, das ich ihn auff allerlengste biß morgen über 8 tag abfertigen werde. Biß dar müst Ihr Eüch noch gedulden vndt unterdeßen schreibe ich Eüch dießen brieff auff die ordinari post vndt mitt Jasmin will ich Eüch die ursachen sagen, so ihn noch dieße wochen haben hir bleiben machen; im überigen aber so kent Ihr unßer hießiges leben nur gar zu woll, vmb nicht leicht zu begreiffen, was mich bißher ahn schreiben verhindert, drumb ich Eüch en gros die ursachen sagen werde, ohne selbige ferner zu particullarisiren, welche particulariteten Eüch nur mühsam zu leßen vndt mir zu schreiben fallen würden. Wist den, hertzlieb Carllutz, das es hier noch eben ist, wie Ihr es gelaßen habt, eben so voll falscher teüffel, welche mich stehts haßen undt mir so viel desagrementen zu wegen bringen, alß es immer möglich ist. Drumb gestehe ich Eüch hirmitt frey herauß, das ich seyder eine zeit her so gritlich vndt von bößem humor geweßen bin, das es mir durchauß unmöglich geweßen, auch das geringste ahnzufangen, vndt umb die warheit zu bekenen, so hatt mich noch dazu Ewer vndt Ewerer geschwisterig zustandt betrübt, insonderheit alß ich gesehen, das ich Eüch so wenig nutz sein kan vndt das je mehr ich meinen bruder vor Eüch rede, je mehr iritire ich ihn gegen [016] Eüch. Aber von dießem text will ich Eüch in dem brieff, so ich Eüch durch Jasmin schreiben werde, ein mehrers sagen vndt nun nur berichten, was mich ferner ahn schreiben verhindert. Nachdem sich den der sturm, so ich hir außgestanden, ein wenig geleget vndt es wider still geworden, hab ich einen großen schnupen bekommen, welcher mir 8 oder 9 tag gewehret, das ich nicht hab auß den augen sehen können. Darnach seindt wir nach Versaille, alwo das jagen vndt ordinari leben wider ahngangen, wobey ich desto weniger habe schreiben können, alß ich noch mehr gethuns, alß ordinari gehabt habe; den weillen md. la Dauphine sehr kranck ahn einen falschem kintbett gelegen, wobey sie hernach auch gar starck daß fieber bekommen, seindt wir, der könig, die königin, Monsieur vndt ich, 4 mahl deß tags zu ihr. Nun hatt sich ihre kranckheitt in ein 3-tägicht fieber gewent, welches sie noch hatt, vndt wir seindt erst gestern nachmittags von Versaille herkommen. Auß dießem allem secht Ihr woll, hertzlieb Carllutz, wie unmöglich es mir zu schreiben geweßen. Vor etlichen tagen hab ich noch einen brieff von Eüch entpfangen vom 3/13 dießes monts, worauff ich Eüch hirmitt gar außführlich antwortten will. Vor den wecksel, so ich Eüch durch Jasmin schicken werde vndt ich Eüch in meinem brieff vom 25 aprill versprochen, dörfft Ihr Eüch nicht so sehr, alß wen es ein gar groß pressent were, zu bedancken. Ich rechne solches vor nichts anderst, alß nur vor ein klein ahndencken, wordurch Ihr meines gutten willens gegen Eüch möget versichert sein vndt wie ich Eüch von hertzen gern in etwas nützliches dinnen mögte, wen es bei mir stünde vndt möglich were. Vndt nun ich Eüch gesagt, wie ich solches verstehe, will ich nicht mehr von dießer bagatelle reden. Im ahnfang dießes brieffs werdet Ihr genungsam ersehen, wie das Ihr Eüch wegen Jasmins nichts zu befahren habt vndt das er glücklich hir ahngelangt ist vndt baldt wider weg wirdt. Was meines brudern bößen humor gegen Eüch betrifft, so darff ich schir nichts mehr vor Eüch ahn ihn sagen; den so viel ich von ihm verspüren kan, so ist er ein wenig jalous von Eüch vndt meint, ich hette Eüch lieber, alß ihn, derowegen wen ich was sage, so mache ich übel ärger. Mitt Jasmin aber will ich Euch sagen, was vor ein mittel ich gefunden, vmb ihn zuzusprechen laßen. Das beste, so ich bey der sachen finde, ist, das I. G. die churfürstin, mein fraw mutter, nicht gegen Eüch ist, vndt sie vermag viel bey meinem bruder. Damitt Ihr aber sehen [017] möget, das ich Eüch hirin keine falsche hoffnung gebe, so schicke ich Eüch hirmitt den letzten brieff, so ich von I. G. entpfangen, worauß Ihr auß ihrer aygenen handt ersehen werdet, wie sie gegen Eüch vndt Ewere geschwister gesinnet ißt. Wen ich Eüch auff frantzösch schriebe, könte ich nicht laßen, zu sagen: Tu est bien badin, mon enfant! das Ihr Eüch noch des vetter Fana vndt seinen alberen possen erinern könt, nachdem Ihr jetzt so ein serieuse sache im kopff habt vndt eben davon auffhört zu reden; aber umb die warheit zu bekenen, so kan ich, ich mag auch so serieux vndt unlustig sein, alß ich immer sein mag, mich [nicht] enthalten von sachen zu reden, so einem bißweillen lachen machen, vndt hiran sehe ich die simpathie, so Ihr vndt ich mitt einander haben. Ich habe auch letztmahl ahn I. G. die churfürstin geschrieben, das ich I. G. bätte, Eüch doch ahm liebsten von allen Eweren geschwisterig zu haben, weillen nicht allein, wie alle menschen fünde[n], viel gleichnuß zwischen vnß beyden seye, sondern auch weill wir beyde unß sehr lieb hetten, indem wir unß sehr viel simpathie befünden, vndt das ist ja war. Nun hirmitt ist es auch einmahl genung ernstlich gesprochen. Last unß nun von waß reden, so Eüch ein wenig divertiren möge vndt mich auch! Der vetter Fana ist wider auß seinem landt zurückkommen vndt von seiner erbschafft, aber er ist gelber vndt dürer, alß er sein leben geweßen. Er stelt sich zwar jetzt waß erbarer ahn, alß vor dießem, allein gescheyder ist er doch noch nicht, vndt wens gelegenheit gibt, so sicht man woll, das er noch nicht curirt ist; aber auff die jagt geht er nicht mehr. St Chamand ist von seinem fieber geneßen; ob er es aber von der lieb ist, weiß ich nicht. Apropo die königin von Spanien hatt mir noch zwey oder 3 brieffe geschrieben, so gantz voller amities vor Eüch sein. Ich habe Ewer compliment auffs beste wider gemacht. Was Olimpe ahnbelangt, so hatt es nun kein gefahr mehr bey ihr; den der amant qui lance la foudre, importunirt sie gar nicht vndt es hatt keine suitte gehabt. Ihr habt ein gutt gedechtnuß, die pasagen von den operaen so woll zu behalten. Solche kunst kan ich auch über die maßen woll, wie Ihr woll wist. Wen Ihr jetzt hir weret, köntet Ihr Eüch woll wider bey der Olimpe ahnmelden, ohne die majesté supreme, wie man im balet singt, zu förchten. Aber apropo vom balet, man hatt auff etliche melodeyen lieder auff die Olimpe gemacht, worinen sie nicht ist zum besten tractiret worden. Wen Ihr hir geweßen weret, hettet Ihr vielleicht auch Ewer [018] plätzgen in selbigen liedt gefunden; den alle ihre amants seindt mit nahmen drinnen genent. Ich möchte Eüch gerne noch eine zeittung sagen, weiß aber nicht, wie ich sie vorbringen solle; den teütsch herauß mag ich es nicht sagen, will es herumbtrehen, so gutt ich kan, vielleicht werdt Ihr mich verstehen. Es ist jemandes hir, so den vetter Fana betrübt vndt in sorgen setzt, indem er meint, das selbige persohn seye wie er. Solches kan ich nicht glauben; den der mensch ist gar kein geschoßener wie vetter Fana; ich meine, das es nur gutte freündtschafft ist, aber dieße persohn ist gefehrlicher, alß vetter Fana; den ahn gantzen hoff ist nichts beßers geschaffen noch ahngenehmers. Aber vetter Fana hatt unrecht; den er ist gantz nicht wie er. Weillen dießer aber, wie schon gesagt, mein gutter freündt ist, so will ihn der vetter Fana auch vor ridiculle passiren machen. Drumb wen Eüch waß hirvon irgendts zu ohren kompt, so glaubts doch nicht! Ich wolte, das Ihr dießen menschen kenen möchtet; den ich bin versichert, das er Eüch nicht übel gefahlen solte. Adieu, hertzlieb Carllutz! Ich muß schließen; den Monsieur lest mich ruffen. Glaubt, daß ich Ewere trewe freündin biß in todt verbleibe!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. Juni 1681 von Elisabeth Charlotte an Karl Ludwig zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 15–18
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0009.html
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