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Brief vom 14. Mai 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


18.


[032]
Paris den 14 May 1695.
Hertzliebe Louisse, wie ich vor ein par stunden eben von der hirschjagt kommen, habe ich Eweren lieben brieff vom 20/30 April entpfangen, will gleich hirmitt drauff antworten; den ich förchte, daß ich morgen nicht der zeit dazu haben werde. Ma tante ist gott lob nun so woll, daß I. L. eine reiße mitt wenig leütten nach Berlin thun werden. Gott gebe nur, daß es woll ablauffen möge undt daß die grettliche bewegung, in relais so viel meillen zu fahren, kein fieber wider herbey bringen möge! Dieße welt ist nicht geschaffen, ohne sorgen zu leben; ein jeder hatt die seyne, undt wen die erste jugendt verbey, findt man wenig vergnügen hernach; jedoch so bin ich Eüch, liebe Louisse, sehr vor Ewere gutte wünsche verobligirt. Ich wolte, daß ein gutter langer undt beständiger frieden gemacht würde undt daß dadurch den garden vom könig verhindert würden, übels zu thun undt zu entpfangen; aber es hatt leyder noch schlegt ahnsehen dazu. Es ist mir lieb, daß Carl Moritz mich lieb hatt, ob er mich schon nicht kent; daß geblüdt muß es thun. Daß ich ihn lieb habe, ist kein wunder; ich habe ihn auff die welt kommen sehen undt über daß so habe ich einen solchen respect vor I. G. unßer h. vatter s. in meinem hertzen behalten, daß ich alles lieb habe, waß I. G. kinder sein. Ich wünsche, daß der h. rittmeister Carl Moritz baldt obrister mag werden. Liebe Louisse, man stirbt nur, wen die bestimbte zeit kompt; Carl Moritz wirdt nicht lenger leben, alß sein destin ist, er mag bey hoff oder in kriegsdinsten sein. Drumb last ihn nur seine inclination folgen; den alles, wozu einem die natürliche inclination treibt, thut man beßer, alß wozu man sich zwingt. Unterdeßen daß ich erfahre, ob ich ahn Caroline schreiben kan, so bitte ich Eüch, liebe Louisse, sie doch in Ewere brieffe von meinetwegen zu ambrassiren undt glück zu ihrem sohn zu wünschen. Ewerm schwager macht auch mein compliment hirüber! Carolline ist woll zu entschuldigen, daß sie ahn keine vers gedacht im niederkommen; man hatt woll anderst da zu gedencken, alß ahn vers; die, so in den gazetten wahren, habe ich gesehen undt schön gefunden. Ich kan kein englisch, allein viel leütte könnens hir; die werden mir übersetzen, waß Ihr mir geschickt habt. König Wilhelm jammert mich von hertzen, so touchirt über seine gemahlin noch zu sein, wie auch pfaltzgraff Carl von [033] Neüburg. Die fraw von Spanheim, wie sie hir war, hatt mir seiner gemahlin contrefait gewießen, welches sie ihr geben hatte, wie sie noch margraffin zu Berlin war; sie war ja ein recht heßlich schätzgen. Ihr habt vergeßen zu sagen, wen der keyserliche hoff vor printz Carl destinirt. Ich mag woll übel verstanden haben wegen die 2 schwedische pfaltzgraffen. Wir haben hir einen graffen von Nassau, so gar ein wackerer ehrlicher herr ist undt von jederman sehr estimirt wirdt; der hatt auch brieffe, umb ein fürst zu sein, will es aber nicht sein, daß gefelt mir recht woll ahn ihm. Daß dantzen ist dan nun gantz auß der moden überal; hir in Franckreich sobaldt assambleén sein, thut man nichts alß landtsknecht spiellen, diß spiel ist ahm meisten in vogue, aber die jungen leütte wollen nicht mehr dantzen. Ich thue weder eines noch daß ander; ich bin viel zu alt, umb zu dantzen, undt seyder I. G. unßers h. vattern s. todt habe ich nicht gedantzt undt auß zweyen gar starcken ursachen spiel ich nicht; die erste ist, daß ich kein gelt habe, undt die zweyte, daß ich daß spiel nicht liebe. Daß spiellen ist hir greülich hoch undt die leütte werden wie dolle menschen, wen sie spiellen; eines heült, daß ander schlegt mitt der faust auff der taffel, daß die gantze kammer drüber zittert, der 3te lästert gott, daß einem die haar drüber zu berg stehen, suma alle sein wie verzweyffelte menschen, welche einem bang machen, sie nur ahnzusehen. Lenor, deß oberjägermeister Veninger schwester, ist jetzt hir bey mir mitt ihrer 2ten dochter, die gar artlich ist. Wir sprechen alle tag von den vergangenen zeitten. Weill sie ihrem vatter gleicht, bilde ich mir ein, wie Ihr ihren neuveu beschreibt, muß er ihr auch gleichen. Die fraw von Sickingen bitte ich meinetwegen vor ihr ahndencken zu dancken. Es frewet mich alß, wen unßere gutte Pfältzer sich meiner noch erinern. Ich habe durch Jeme ein brieff von h. Max bekommen; werdt eine andtwort hirbey vor ihm finden. Scheüet Eüch nie, mir unßer alten gutten freünden grüße zu wißen zu thun, liebe Louisse! Den die seindt mir gar ahngenehm. Hir in dießer statt kan man wenig deß schönnen wetter genießen. Ich fahr doch auß, so viel mir möglich ist, habe auch zwey mahl den hirsch gejagt. Ihr werdet vielleicht gedencken, daß ich zu alt bin, zu jagen, undt hirin habt Ihr recht. Allein ich will lieber ridiculle, alß kranck sein, undt weillen mir nichts beßers vor meine miltzschmertzen ist, als daß jagen undt die starcke bewegung, so jage ich immer fort, undt so [034] lange mir mein miltz keinen schlimmem possen spillen mag undt nicht in die andere welt führen, so seydt versichert, liebe Louisse undt Amillisse, daß ich Eüch beyden von hertzen lieb behalten werde, wie auch Ewere andere geschwisterig undt alle sentiementen vor Eüch alle behalten, so Ihr wünschet!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 14. Mai 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 32–34
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0018.html
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