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St Clou den 26 Juni 1695, morgendts umb 11.
Hertzliebe Louisse, weillen ich heütte noch zeit habe, zu schreiben
undt dießen abendt meinen brieff erst werde auff die post schicken,
alß will ich nicht lenger verschieben, auff Ewer zweytes liebes brieffgen
vom 31 May–10 Juni zu antworten. Mich wundert, daß pfaltzgraff
Gustave noch nicht zu Franckfort ahnkommen ist; den er hatte mir
geschrieben, daß er gleich hin würde. Ich weiß nicht, ob ich mich
betriege, allein ich bilde mir ein, daß diß jahr in Savoyen ahm wenigsten
vorgehen wirdt, welches mir wegen hertzog Max lieb ist; den ich
weiß, wie hertzlich lieb ma tante ihre kinder hatt, fürchte also sehr
vor sie, daß es wie mitt dem gutten ehrlichen undt lieben printz Carl
undt Friderich August gehen möge. Gott behütte unß davor! Ich
höre gern, daß Ihr so viel gutte freündt [habt], alß wie alle die
gräffliche personnen, so umb Franckfort herumb wohnen; den gutte freünde
seindt ein großer trost im leben, wen man sonsten nicht ahm
glücklichsten ist. Es müßen sehr viel gräffliche personnen umb
Franckfort herumb sein, daß 6 sich auff einmahl zu Homburg eingefunden
haben. Ich muß lachen, daß Ihr, liebe Louisse, sagt, daß daß
genung zu schnadern wirdt geben. Habt doch nie keinen scheü, mir
lange brieffe zu schreiben, es seye dan, daß es Eüch selber zu
beschwerlich falle, aber mir können sie nie zu lange sein undt habe
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viel lieber lange, alß kurtze brieffe. Mein sohn hatt seine campagne
übel ahngefangen, ist gleich kranck worden, hatt mir große ängsten
eingejagt. Nun ist er gott lob wider gesundt. Ich dancke Eüch sehr,
liebe Louisse, vor alle gutte wünsche, so Ihr mir vor meinem sohn
todt [? thut]. Ohne gottes ehre kan nichts vorgehen, den weillen alles
durch seinen willen geschicht, wie es auch ablauffen möge, ist es doch
allezeit seine ehre, aber nicht allezeit, wie wir menschen es
wünschen mögen. Zum frieden, deücht mir, ist leyder wenig aparentz,
undt solte einer werden, wirdt es, wie mich deücht, wie ein mirackel
sein. Ich habe noch hir die fraw von Ratzamshaussen bey mir undt
weillen eben sich eine von meinen jungfern (freüllen, glaube ich,
muß man nun sagen, den nun seindt keine jungfern mehr in
Teütschlandt wie zu meiner zeit) weillen dan sich eine von meinen freüllen
geheüraht hatt, habe ich Lenor ihr dochter ahn ihrem platz bey
mir genohmen. Daß ist eine zeittung, so Ihr der Gret sagen könt,
den ich glaube, daß sie noch mitt ihrem man, mons. Schelm, zu
Franckfort ist. Adieu, liebe Louisse! Ich muß heütte noch 7 brieff
schreiben, schließe derowegen undt ambrassire Eüch von gantzem
hertzen.