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Brief vom 17. September 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


25.


[042]

A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

St Clou den 17 September 1695.
Hertzliebe Louisse, ob wir zwar heütte ein solch gethuns hir gehabt, daß mir der kopff schir dauselicht drüber ist, so will ich doch noch auff Ewern lieben brieff vom 27 Aug.–6 September, so ich dießen nachmittag entpfangen, antwortten; den wer weiß, waß unß morgen vor verhindernüßen noch vorfahlen können. Ehe ich aber antworte, will ich Eüch doch verzehlen, waß wir hir gehabt haben, seyder ich Ewer schreiben entpfangen. Erstlich so ist ein schwarm duchessen herkommen, weillen ich eine audientz ahn die venetianische [043] ambassadrice heütte geben müßen; hernach war die audientz, so all zimblich lang gewehrt; den es geht mitt gravitet und ceremonien her; hernach wie diß auß war, ist mons. le Dauphin mitt der princes de Conti herkommen; wie die weg wahren, ist made la duchesse de Brachane kommen, abschiedt zu nehmen; den sie geht nach Rom; hernach ist die gutte fraw von Klenck in mein cabinet kommen; dieße war nicht so baldt weg, so kam der surindentent von mein hauß, wegen ein affaire mitt mir zu sprechen; suma alle augenblick dießen gantzen tag durch bin ich interompiret worden. Gott gebe, daß ich jetzt doch einmahl dießen brieff außschreiben möge! Ich bitte, sagt mir doch, waß ein staffet ist! den ich weiß es nicht undt habe nie nichts davon gehört. Dießmahl ist Ewer schreiben, liebe Louisse, auch gar frisch ahnkommen undt nur 10 tagen unterwegen geweßen. Ich habe Eüch letzmahl geschrieben, wie daß mein sohn nun ahnkommen. Die freüde, ihn wider zu sehen, ist mir ein wenig versaltzen worden, indem er seyder dem wider 2 acces vom 3tagigen fieber bekommen. Ich habe ihm derowegen sein quinquina gantz abgeschafft. Heütte hatt der tritte acces, gott sey lob undt danck, gantz manquirt. Ich weiß nicht, in welcher gazetten Ihr gesehen, waß mitt meinem sohn vorgangen, aber es war alles wahr, wie Ihr es drinen geleßen habt. Mich deücht, alle gazetten außer die Parisser sagen seyder eine zeit her all zimblich war. Ich gestehe, daß mein sohn den krieg sehr liebt, undt die, so ihn dort sehen, sagen, daß er sich sehr aplicirt undt sein handtwerck woll lernt, aber mir ist nicht allezeit wohl bey der sach; den in dem handtwerk verliehrt man offt arm undt bein, wo nicht gar daß leben. Were die campagne nicht zum endt, hetten wir meinen sohn nicht her gekricht. Es ist schon lang, daß daß schloß von Namur über ist; wundert mich, daß Ihr es nicht eher, alß den 5ten erfahren. Ich weiß nun auch, daß keine schlacht mehr vorgehen wirdt. Man kan woll nicht leugnen, daß es eine abscheüliche sache umb den krieg ist. Es wundert mich sehr, daß pfaltzgraff Carl unßerm herr vatter s. gleicht; den sie wahren ja einander nicht verwandt, wiewoll von einem hauß. Ich bin fro, recht zu wißen, wie es mitt der Holländerin beschaffen undt daß alles falsch ist[1], waß man davon außgeben hatt. Es wundert mich, daß der gutte herr Fabritzius sich hatt in seinem alter hatt auß einer großen kranckheit ziehen können; den er kan gar nicht jung mehr sein, den [044] ich fange schon ahn, alt zu werden, undt wie ich noch ein gar klein kindt war, habe ich den he. Fabritzius bey mons. Louis, den baron von Seltz, gesehen, daß er schon nicht gar jung schiene, kan es also woll itzunder nicht sein. Ich bitte Eüch, liebe Louisse, wen Ihr den he. Fabritzius wider secht, so grüst ihn von meinetwegen undt sagt ihm, daß es mir lieb seye, daß er wider gesundt ist! Vor herr Max bin ich recht in sorgen. Die ohren solten ihm heütte billig geschelt haben; den mon maistre Jeme undt ich haben heütte lange von ihm gesprochen. Ich bitte, liebe Louisse, sagt ihm dießes sambt meinen gruß! Daß die beyde bücher nicht seindt von Bassel hergelieffert worden, ist Ewer schuldt nicht. Ihr habt Eüch nur schon gar zu viel mühe davor geben. Ich fürchte, daß weillen der apotheker Frey nicht auff die brieffe antwort, so ich ihm schreiben laße, daß er vielleicht muß gestorben sein undt die bücher also verlohren worden, welches mir desto leyder ist, weillen Ihr mir sie gegeben undt ich sie Ewerthalben all mein leben habe behalten wollen. Bedanke mich gar sehr vor der obligeante offre, so Ihr mir, liebe Louisse thut, mir ferner einigen gefahlen zu erweißen, wie auch alle amitié, so Ihr mir bezeügt, welches mich recht touchirt. Seydt versichert, liebe Louisse, daß ich Eüch auch recht von hertzen lieb habe undt allezeit behalten werde undt nichts mehr wünsche, alß gelegenheit zu finden, Eüch undt Ewere geschwisterig dieße warheit durch einige ahngenehme dinsten zu versichern!
Amelisgen ambrassire ich von hertzen; ihr ahndencken ist mir allezeit gar ahngenehm.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. September 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 42–44
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0025.html
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