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Fontainebleau den 27 September 1695.
Hertzliebe Louisse, heütte morgen habe ich Ewer schreiben vom
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13 dießes zu recht entpfangen. Ich bitte Eüch, helfft mir doch
eine nohtlügen thun undt schreibt ahn pfaltzgraff Gustave, daß ich
ohnmöglich der zeit gehabt habe, auff sein schreiben zu antwortten,
weillen ich es eben entpfangen, wie der englisch hoff herkommen, undt
daß ich ohnmöglich werde schreiben können, biß ich wider zu Paris
sein werde. Die warheit aber ist, unter unß gerett, daß ich gantz
vergeßen habe, wie ich ihm letzmahl geschrieben habe, habe aber
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die copie davon zu St Clou in einer schubladen, kan also nicht wider
schreiben, ich hette es den zuvor überleßen, muß also wartten, biß
ich wider zu Paris sein werde. Daß er mir nicht eher geschrieben,
kan mich ohnmöglich verdrißen; den mein brieff war nur eine
antwort auff den seinen, undt wolte gott, er hette es dabey gelaßen! Den
ich weiß ja dem gutten printzen nichts zu sagen undt er bitte[t] mich
doch, ich solle ihm schreiben, undt daß mitt solcher höfflichkeit, daß
ichs ihm nicht abschlagen darff, werde es auch thun, wen ich wider
zu Paris sein werde. Ich bitte Eüch, liebe Louisse, bringt ihm doch
die sach so vor, daß es dem gutten herrn nicht verdrießen mag, daß
ich ihm nicht gleich antworte! Von der fraw abtißin von Herfordt
hatt mir ma tante possirliche historien geschrieben. Wir haben auch
einen Courländer hir in den troupen, so pretendirt, daß er greülich
bey dießer abtißin in gnaden ist, hatt mir brieff von ihr gewießen,
worinen ich sehe, daß sie sich sehr vor ihm interessirt. Er heist
Ambotten. Sie hatt mir ihn auch durch die fraw von Platten sehr
recomandiren laßen. Es ist ein junger mensch von 20 jahren, zwar
nicht heßlich von gesicht noch übel geschaffen, aber gar nicht
ahngenehm, hatt verstandt undt schreibt gar woll, allein ein wenig
voller einbildung. Sie hette ihn gern wider bey sich; Ambott will
aber nicht hin. Hirauß secht Ihr woll, liebe Louisse, daß ich viel
von dießer abtißin humor gehört. Ich bin fro, daß mein baß, die
fr. landtgräffin, anderst ist. Ich fürchte auch, die gutte
pfaltzgraffinen werden nicht wohl zu Herfort sein, es seye dan, daß der
churfürst von Brandenbourg eine davon coadjoutterin machte, so
were es nicht schlim. Die vers, so man der princes de Conti auß
Engellandt geschickt, habe ich nicht zu sehen bekommen. Namur
wirdt alle vaine poetique sehr exertziren auff alle sprachen. Hir
macht man nichts, alß lieder gegen jederman; den könig selber
spart man nicht, aber insonderheit ist man deschainirt gegen den
armen duc de Villeroy. Es geht kein tag verbey, daß man nicht
ein neüe liedt auff ihn hört. Ich bin versichert, daß viel leütte
die ihrigen vor Namur verloren haben. Wen der printz von
Homburg nicht von seinem trepan stirbt, wirdt es ihn sonst nicht
heßlich machen. Ich habe viel leütte hir gesehen, so trepanirt sein
worden undt gar nicht von gesicht verendert sein. Ich bin recht
fro, daß der gutte herr Max außer gefahr ist. Ich glaube, ich hette
ihn auch beweint, wen er gestorben were; den er ist doch ja mein
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alter gutter freündt. Ob ich nach Ewerem wunsch, liebe Louisse,
lange leben werde, weiß ich nicht, vergnügt aber wirdt schwerlich
sein können; bin Eüch aber doch über die maßen verobligirt, mir
solches zu wünschen undt wünsche Eüch selber hergegen alles, waß
Ewer hertz begehren mag, undt ahn Amelisse auch undt werde Eüch
beyden alle mein leben hertzlich lieb behalten.