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Brief vom 11. Dezember 1695

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


31.


[052]

A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 11 December 1695.
Hertzliebe Louisse, mich deücht, daß mein letztes schreiben gar lang unterwegen geweßen ist, wie ich auß Ewerm vom 12/22 Nbr ersehen, so ich heütte entpfangen, welches, wie Ihr secht, dißmahl auch nicht gar frisch ist; bilde mir ein, daß daß gethuns von der princessin (jetzt hertzogin von Modene) beylager verursachet, daß man Ewern brieff vielleicht eine post vergeßen hatte. Die vers, so [053] Ihr mir, liebe Louisse, geschicket hattet, waren nicht schwer zu rahten, daß es ein pfarer müste gemacht haben; den sie seindt gar devot. Dießen pfarer mögte ich gerne sehen; den ich habe viel von ihm gehört. Ma tante von Tarante hilt all viel von geistlichen. Monsieur hatte ein premier ausmonier, so esvesque du Mans ist, so auch sehr ma tante gutter freündt ware. Es ist mir, unter unß gerett, recht leydt, daß wir einmahl erfahren haben, wo pfaltzgraff Gustave ist; den ich sehe woll, daß ich ihm werde antwortten müßen. Heütte aber kan es noch ohnmöglich geschehen; den ich habe kaum der zeit, daß ich dießen brieff außschreibe; den gegen 5 muß ich in die kirch undt umb 3 virtel auff 7 ins apartement. Ewere undt meine excusse ahn dießen printzen habt Ihr, liebe Louisse, recht woll gemacht, derowegen weitter nichts zu sagen. Wie ich dießen gutten herren sehe, forchte ich, daß er nirgendts große fortune machen wirdt. Die hahr tregt man nicht gar hoch hir, aber alle daß andere zeüg ist noch hoch, doch nicht so sehr, wie es war; den man tregt jetzt die coeffuren vorwertz gebogen undt nicht so strack wie vor dießem. Daß man aber solle ein tax auff die coeffuren gesetzt haben, ist nicht war; daß hatt jemandes auß poßen erdacht. Ich bilde mir ein, daß Ihr jetzt wie hir müst coeffirt sein; den man hatt mir gesagt, daß man in Engellandt über 2 finger höher aufgesetzt seye, alß hir; drumb müst Ihr jetzt eben recht sein. Von Spiegel habe ich noch nichts gehört, glaube also nicht, daß er kommen ist. Ich finde, daß seine mutter recht gesprochen, undt halte es vor ein groß lob, wen man sagt, daß ich ein teütsch hertz habe undt mein vatterlandt liebe. Diß lob werde ich, ob gott will, suchen biß ahn mein endt zu behalten. Ich habe nur gar zu ein teütsch hertz; den ich kan mich noch nicht getrösten über waß in der armen Pfaltz vorgangen; darff nicht dran dencken, sonsten bin ich den gantzen tag trawerig. Biß sambstag werde ich leyder wider in daß widerwertige Paris. Da werde ich erfahren, ob der kauffman Perichon vom churfürsten von Saxsen ist bezahlt worden oder nicht. Ihr schreibt mir woll von dem heüraht vom printzen von Siegen undt wer er ist, aber nichts von pfaltzgraff Carls historie mitt seinem freüllen von Hohenlo, wie dießer heüraht erstlich geschloßen undt hernach gebrochen worden. Ich finde, daß Ihr recht habt, liebe Louisse, eine kleine undt ahngenehme geselschafft einem großen schwarm vorzuziehen. Wie Ihr mir, liebe Louisse, den gutten [054] erlichen herr Max beschreibt, fürchte ich sehr, daß er es nicht lang mehr machen wirdt; den allen apetit verlohren zu haben undt taglich abzunehmen, seindt schlime zeichen zur geneßung. Wen ich Eüch bezeüge, daß es mir leydt, Eüch nicht zu dinnen können, ist nicht zu sagen, daß ich glaube, daß Ihr ahn meiner affection zweyffelt; den ich weiß, daß genereusse gemühter nach kein interesse nicht fragen; allein so kan man mir doch nicht verdencken, daß ich meinen versicherungen gerne einen gutten nachdruck geben mögte undt solches von hertzen wünsche. In dießen augenblick rufft man mir, umb in die kirch zu gehen. Zu allem glück ist Ewer brieff beantwort, werde derowegen nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch undt Amelisse von hertzen ambrassire undt Eüch allezeit sehr lieb behalten werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 11. Dezember 1695 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 52–54
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0031.html
Änderungsstand:
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