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Pour mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Londen.
Versaille den 18 Februari 1697.
Hertzliebe Louisse, madle de Malose wirdt Eüch sagen, waß
mich verhindert hatt, Eüch eher alß nun zu antwortten. Ich
wünsche, daß dießer brieff so geschwindt alß der letzte durch eben
dieße gelegenheit gehen möge. Es ist kein wunder, daß madle
de Malose adresse geschwinder geht, alß monsr Amyrault; den
diß geht geraht nach Engellandt, da jenes erst in den Haag geht.
Auff Ewer letztes schreiben durch mr Amyrault habe ich
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geantwortet. In dießer welt, liebe Louisse, kan man nicht alles thun,
waß man gerne wolte, undt so ungern ich auch zu Paris bin, muß
ich doch biß sambstag wider hin undt daß noch, umb 12 gantzer
tag wider dortten zu bleiben. Es wirdt mir übel genung
bekommen. Aber waß hilffts? Mein schuldigkeit erfordert, daß ich
hingehen muß, also ohnnöhtig, ahn meine gesundtheit zu gedencken.
Ob meine affection Eüch, liebe Louisse undt Amelise, zwar gar
sicher dießes jahr ist, so sehe ich doch leyder nicht, wozu es
Eüch nutzen kan noch glück bringen. Ich glaube, daß es unß alle
papa s. kinder ahngebohren ist, entweder jung zu sterben, oder
unglücklich zu leben; den keines von unß allen ist es anderst gangen;
aber wie Ihr gar recht sagt, so muß man sein bestes thun, sich
von den betrübten zuschickungen nicht daß hertz zu viel
einnehmen zu laßen; auch thue ich mein bestes, kein schlaffkap zu
werden, welche frase mich hatt lachen machen. Ich habe daß
lachen hoch von nöhten, den bey dießen abscheülichen wetter kan
man kein exercitzien thun undt nicht jagen, also ist mein miltz in
einem bößen standt. Die ängsten, so ich vor oncle habe, machen
mich auch gantz trawerig. Hette madle de Malose nicht so ein
gar guttes lob, hette ich sie nicht gebetten, freündtschafft mitt Eüch
zu machen. Ihre nahe baß hatt mir nie gefahlen, hatt auch bey
weittem hir keine so gutte reputation gehabt alß dieße. Die Romy
(den die ists, glaube ich, von welcher Ihr sprecht) ist mir alß
noch dabey ein wenig spottisch undt hönisch vorkommen undt
solche leütte seindt ordinari falsch. Danckt made de Gouverné
sehr vor ihr ahndencken undt offre! Dieße ist auch eine gutte
fraw, so allezeit eine gutte reputation behalten. Spiegel ist nun
vergangenen sambstag einmahl wider weg. Gottlob! Ich habe
ihm ein brieff ahn meines brudern gemahlin mittgeben. Er hatt
zwar alles hir bezahlt, waß er schuldig war, aber vor noch
einmahl so viel wahren auffgenohmen; hoffe, daß weillen er daß erste
hatt bezahlen können, daß er auch woll gelt zum letzten finden
wirdt. Ihr habt gar woll gethan, nicht zu der printzes von
Denemarck zu gehen, weillen sie Eüch nicht saluiren will; sie hatt
unrecht, so hoffärtig zu sein; den ihre fraw mutter war viel weniger,
alß Ihr seydt. Es kan außerwerdts nicht übel lautten, daß Ihr
nichts gegen Ewere pretentionen in Engellandt gethan habt, finde
also, daß der duc de Schonberg Eüch gar recht gerahten hatt. Ihr
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habt vergeßen, liebe Louisse, daß ich Eüch schon offt gesagt habe,
daß ich gerne lange brieffe habe, indem Ihr mir entschuldigung
macht, daß Ewer schreiben zu lang ist. Verstehet Ihr daß
englische genung, umb lust in den comedien zu nehmen können? Die
frantzösche plenipotentier haben ihre pasports entpfangen, werden
nun baldt weg. Gott gebe, daß es baldt einen gutten frieden geben
möge! Den duc de Schonberg grüst wider freündtlich von
meinetwegen undt ambrassirt seine kinder undt Amelisse! Man spürt hir
nicht, daß man im carnaval ist; den es ist kein entzig
divertissement bey hoff. Monsr le Dauphin ist mitt der printzes de Conti,
die verwitibte, undt viel damens undt cavalier undt mein sohn nach
Meudon, sich dar lustig zu machen. Monsieur ist heütte nach
Paris, umb deßgleichen zu thun, ich aber sitze hir gantz allein
undt habe vor die lange weill maulaffen feil. Daß ist alles, waß
ich Euch, liebe Louisse, vor dießmahl sagen werde undt daß ich
allezeit Eüch undt Ewere geschwisterig von hertzen lieb behalten
werde.