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Brief vom 12. März 1698

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


57.


[099]

A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 12 Merts 1698.
Hertzallerliebe Louisse, wie ich eben auß der predig kommen [100] undt mich hieher setzte, umb Eüch zu schreiben, entpfange ich Ewer liebes schreiben vom 22 Februar–4 Mertz, werde also bey dießem letztem meinen brieff ahnfangen. Es ist war, daß ich zu Paris gar übel geweßen ahn einer miltzcoliq, welche gar starck ware; monsr Polier aber, den Ihr woll kent, hatt mir eine essence eingeben, so mich unten undt über sich hatt gehen machen eine gantz grüne galle; dadurch bin ich gantz geneßen. Zu Paris kan ich ohnmöglich sein, ohne kranck werden. Zu allem glück habe ich dieße starcke evacuation etlich tage bekommen, ehe ich die trawerige zeittung von oncles absterben bekommen; ich glaube, daß, wen mich die betrübtnuß in der zeit hette ahngestoßen, so hette ich bersten müßen. So lang alß ich zu Paris geweßen, habe ich immer gekränkelt; so baldt ich aber wider dort weg, ist es mir wider woll worden undt bin nun, gott sey danck, in gutter gesundtheit; sage Eüch, liebe Louisse, großen danck vor die vorsorg, so Ihr mir bezeügt. Die kälte ist seyder ein tag 14 nicht mehr hir undt wir haben daß schönste wetter von der welt gehabt; habe es mir zu Marly sehr zu nutz gemacht undt meine trawerige gedancken viel zu fuß undt zu pferdt spatzirt, aber bin nie mitt dem könig außgefahren, alß gestern. Da habe ich die zeit nicht manquirt undt vor Eüch gesprochen, auch Ewer memorial überreicht, aber keine andere antwort vom könig bekommen, alß: Je vaires. Monsr Spanheim werde ich zu wißen thun, daß daß memorial überreicht ist, damitt er auch jetzt vor Eüch spricht, wie er es ordre hatt. Waß Monsieur ahnbelangt, so glaube, daß Ihr mehr contentement von dießer sachen entpfangen werdet, alß vom könig; ich habe ahn alle rahte vor Eüch solicitirt, der cantzeller ist schon gantz vor Eüch undt Monsieur sehr woll disponirt. Ich werde suchen, die andern, alß den surindenten undt secretari, auch auff unßere seydte zu bekommen; bey mir soll es nicht liegen, daß Ewere sache nicht woll von statten gehe. Waß ahnlangt, daß Ihr mir schreibt, daß jemandes zu Paris Eüch offrirt undt volmacht begehrt, Ewere sach zu solicittiren, so bitt ich Eüch, schreibt mir, wer es ist! Den man muß gar genaw acht nehmen, wen ein Frantzos l’empresses macht; den unter unß gesagt, es seindt gefahrlich leütte. Schreibt mir dan geschwindt, wer es ist! so will ich baldt sehen, ob es jemandes ist, dem Ihr trawen könt. Unterdeßen aber seydt versichert, daß ich keine zeit in Ewere sache verliehre, undt so baldt wir zu St Clou sein werden, wo wir zu [101] künfftigen dinstag hin werden, alwo ich alle den gantzen raht wider beysammen finden werde (den her kompt er nicht), so werde ich Eüch possitivement die conclussion berichten. Ewer compliment undt entschuldigung, mir abermahlen von Ewer sach zu sprechen, ist ohnnohtig. Waß mich von ma tante zustandt angstert, ist, daß I. L. nicht schlaffen können. Gott der allmächtige woll unß ma tante gnedig erhalten! Diß unglück, sie zu verliehren, were nicht außzustehen. Daß die fürstin von Ostfrießlandt bey ma tante ist, erfrewet mich; den die wirdt doch noch distraction geben. Vor die überschickte zeittung dancke ich sehr; daß wirdt mich dießen abendt im apartement amussiren. Dieß ist alles, waß ich Eüch auff dießen letzten brieff sagen werde. Ich komme jetzt auff die zwey vom 18/8 Februar, dancke Eüch sehr, liebe Louisse, daß Ihr mir erweist, wie sehr Ihr part in meine leyder nur gar zu rechtmäßige betrübtnuß genohmen über meines lieben oncles s. absterben; muß gestehen, daß es mich woll von grundt der seelen betrübet hatt, undt ob oncles ellendiges leben zwar trösten solte, daß I. L. auß dießer qual sein, so habe ich doch große mühe, mich drin zu ergeben. Ich tuh, waß ich kan, mir dießes auß dem sin zu schlagen, aber es ligt mir noch schwer auff dem hertzen. Vor alle gutte wünsche, so Ihr mir, liebe Louisse, thut, dancke ich Eüch sehr. Ich mögte von hertzen gern ferners noch antwortten auff waß Ihr mir in Ewer zweytes vom 18/8 schreibt, allein man rufft mich, umb in daß trawerige apartement zu gehen; muß derowegen in großer eyll wider meinen willen schließen undt nichts mehr sagen, alß das ich Eüch undt Amilisse von hertzen ambrassire undt Eüch recht lieb behalte.
P. S.
Entschuldigt die fehler von meinem brieff! den ich habe ohnmoglich der zeit, in zu leßen undt zu corigiren. Ihr werdet, liebe Louisse, woll bey nahem erahten, waß ich sagen will. Ich schicke hirbey die antwort ahn die fraw von Bernstein.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. März 1698 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 99–101
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0057.html
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