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Brief vom 12. Dezember 1698

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


70.


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A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 12 December 1698.
Hertzliebe Amelisse, ich habe alleweill ahn Louisse geschrieben undt ihr außführlich alle ursachen gesagt, weßwegen ich Eüch beyden in 2 monat nicht geschrieben habe, undt weillen Ihr einander Ewere brieffe weist, will ichs hirmitt nicht widerhollen, sondern Eüch nur sagen, daß ich, seyder ich Eüch nicht geschrieben, 3 liebe schreiben von Eüch entpfangen habe vom 4/14 October, 1 November – 22 October undt heütte morgen einen vom 24 November – 4 December, auff welchen ich hirmitt antwortten werde. Auß dießem bericht werdet Ihr sehen, ob ich alle Ewere brieffe entpfangen. Ich sage auch ahn Louisse die, so ich von ihr entpfangen habe. Daß durch den jegermeister undt herrn Wießer geschickt worden, ist gantz verlohren gangen; weder Lenor noch ich haben keinen bustaben davon zu sehen bekommen. Alle ursachen meines langen stillschweygens habt Ihr, liebe Amelisse, gar recht errahten. Abé de Thesseut ist gar ein ehrlicher edelman, den ich sehr estimire; ich zweyffle nicht, daß er auff mein gar starcke recomandation Ewere interesse sich ahnnehmen wirdt, in waß Monsieur vermag; allein bey dem könig, unter unß gesagt, ist wenig zu hoffen; zu recompensiren, waß man durch den [120] krieg gelitten, da will er nichts von hören. Der könig hir hatt woll, wie man sagt, gar keine seyde bey dem krieg gespunden. Solte der könig einen kleinen krieg (wie ich doch nicht hoffen will) mitt Churpfaltz ahnfangen, wirdt es baldt zum ende gehen, weillen im reißwigischen friedenstractat stehet, das, wen der könig gleich feindtseeligkeitten gegen selbigen churfürsten verüben solte, im fall dießer meinem herrn nicht bezahlte, waß er mitt ihm ist eines worden, so soll dießes vor keine interuption deß generalsfrieden gehalten werden undt sich niemandes der sach ahnnehmen; also könte selbiger krieg nicht lang wehren. Da segt Ihr woll, daß ichs mage wie Jodelet. Prince, j’ay response a tout, hors a qui va la, sagte er; so mache ich es auch. Wir haben hir kein schönner wetter, alß Ihr andern zu Franckfort. Meinem miltz ist nicht beßer dabey, daß ich so lang ohne jagen sein muß. Ich wuste nicht, daß Ihr reißen kont. Liebe Amelisse, Ihr thut gar woll, Eüch mitt etwaß ahngenehmes zu occupiren. Ob ich zwar 3 mahl die woch große brieffe von meiner dochter bekomme, so habe ich doch zeit genung, andere zu leßen, so mir auch lieb sein. Drumb last Eüch diß, liebe Amelisse, gar nicht zur entschuldigung dinnen! undt ich verspreche, daß ich Eüch hinfüro gar fleißig andtworten werde. Wie es meiner dochter geht undt wie vergnügt die nun lebt, werdet Ihr auß Louisse brieff außführlich sehen. Es fangt ahn undt wirdt spät; ich fürcht, daß, wen ich nicht auffhöre, zu schreiben, daß mein brieff nicht zu rechter zeit noch auff die post kommen möge, muß also wider meinen willen schließen; den ich were noch woll im humor, zu blaudern. Ich fürcht, daß Ihr dießen brieff noch lange nicht bekommen werdt; den die geweßer seindt so abscheüllig groß, daß alles überschwomen ist; die courier haben mühe, zu reitten. Meine vettern, die printzen von Cassel, seindt, so zu sagen, vom waßer belägert; sie können nicht von Paris, ob sie zwar schon vor 10 tagen abschiedt genohmen haben. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt werde Eüch all mein leben lieb behalten.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. Dezember 1698 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 119–121
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0070.html
Änderungsstand:
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