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Brief vom 7. Mai 1699

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


81.


[139]

A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 7 May 1699.
Hertzliebe Louisse, gestern habe ich Ewer lieben brieff vom 18/28 April zu recht entpfangen und weillen wir morgen nach St Clou werden, wo man alß, wen man ahnkompt, viel zu thun hatt, drumb schreibe ich heütte. Seyder ichs versprochen, bin ich nun gar exact mitt antwortten, wie Ihr woll secht. Ich habe mich zu geschwindt berümbt, daß Paris mir woll zugeschlagen; den dieße letzte reiße bin ich gar übel dort tractirt worden. Mein sohn ist noch kräncker geweßen, alß ich, aber nun wider gantz woll. Vor alle gutte wünsche dancke ich Eüch von hertzen, liebe Louisse! aber außer ma tante, meiner kinder undt gutten freünde, worunter ich Eüch undt Ewere geschwister auch rechne, langes leben undt vergnügung wünsche ich nichts in der welt. Ich war woll von hertzen in sorgen vor ma tante, die fraw churfürstin von Braunsweig. Gott seye danck, daß sie wider gesundt sein! Es ist nicht möglich, daß I. L. nichts entpfinden solten von aller mühe, sorgen, wachen undt betrübtnuß, so ihnen oncles kranckheit undt leyder zu geschwinder todt verursachet hatt, hoffe aber doch, daß daß saußen in den ohren mitt der zeit vergehen wirdt. Ma tante ist, gott sey danck, von starcker gesunder natur, hoffe also, daß gott der allmächtige unßer hertzliche wünsch undt betten erhören wirdt undt I. L. noch lange jahren erhalten. Ich habe hir unterschiedtliche personnen gekent, so über 80 gelebt haben. Es wundert mich nicht, daß daß landt I. L. lieb hatt; alle, die sie kennen, lieben sie. Daß Carl Moritz exact ist, sein parolle zu halten, aprobire ich sehr. Ich würde gar fro geweßen sein, wen ich ihn hette sehen können. Schreibt ihm dießes undt ambrassirt ihn daneben! Daß er gern spricht, darin gleicht er mir nicht; den ich rede nicht gern. Ich habe noch keine zeit recht gefunden, den abé de Thesut zu entreteniren, hatt mir also nichts von der gräffin Friß verzehlt. Die [140] donna[1] haben ordinari verstandt undt vivacitet, aber nicht allemahl viel jugement. Sie thun woll zu Franckfort, sich auffs best zu divertiren. Daß steht beßer in meinem sin, wen mehr manner alß weiber in einer compagnie sein. Der graff von Waldeck, so hir geweßen, sicht sturisch drein; es wundert mich gar nicht, das er der printzes von Birckenfelt gar nicht gefelt. Ich glaube nicht, daß ihr herr vatter sie zwingen wirdt, dießen graffen zu nehmen, wen er gleich reich werden solte, wen sie ihn nicht will. Ich muß schließen; den ich will alles vor morgen vor mir zu recht laßen machen, waß ich mitt nach St Clou nehmen will, undt weillen Ewer brieff beantwort, will ich vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch undt Amelisse von hertzen ambrassire undt Eüch recht lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. Mai 1699 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 139–140
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0081.html
Änderungsstand:
Tintenfass