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Brief vom 21. Januar 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


102.


[186]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Marly den 21 Januari 1700.
Hertzliebe Amelisse, ob ich zwar hir wenig zeit zu schreiben habe, so will ich doch heütte auff Ewern lieben brieff vom 20 Decembris 1699 – 10 Januar 1700 andtwortten; den wen man einmahl ins auffschieben kompt, kan man nicht mehr zum schreiben gelangen undt kompt alß etwaß darzwischen. Baldt werdet Ihr nicht mehr den alten stiehl datiren; den wie ich vernehme, so wirdt gantz Teütschlandt den neüen den 1 Mertz ahnnehmen. Ewer schwester neüjahrsbrieff habe ich nicht entpfangen, dancke Eüch aber sehr vor alles guts, so Ihr mir wünscht. Wen man ahnfängt, so alt zu werden, wie ich nun bin, findt man wenig vergnügen mehr in der welt. Der schnee zu Franckfort ist ohnhofflich, nicht liegen bleiben zu sein, damitt man im schlitten hette fahren können. Ich weiß nicht, ob mein brieff ahn Ewerm bruder wirdt ahnkommen sein, ehe er vereist ist. Ma tante hatt Carl Moritz recht lieb, wirdt fro sein, ihn bey sich zu haben. Nichts, alß Ewer recept, habe ich meiner dochter gebraucht zu ihren blattern; es hatt, gott lob, sehr woll geglückt, mein dochter behelt keine eintzige narve. Ich bin Eüch woll recht verobligirt, mir daß recept geschickt zu haben. Meiner dochter haut ist eben, wie sie vor, undt daß ist, waß sie ahm besten im gantzen gesicht hatt. Es scheindt nicht ahn madame Brun ihr haut, daß sie jemahlen die kinderblattern gehabt hette; diß ohl muß sie auch salvirt haben. Ich war immer bey meiner dochter nacht undt tag, hatt sich also nicht kratzen dorffen. Mein dochter ist wider frisch undt gesundt bey ihrem herrn zu Nancie undt die lieb auff beyden seyten größer, alß nie. Mein lieber duc de Bery ist noch zu jung, umb zu heürahten; dem duc d’Anjou aber könte es beßer gelten. Es ist gar kein mergen, daß der könig von Maroc die printzes de Conti zur königin begehrt, aber der könig hatt es rundt abgeschlagen. Die [187] printzes de Conti ist gar schön geweßen, ehe sie die blattern gehabt, seyder aber ist sie verendert, doch noch eine perfect schönne taille undt gar hohe minen, tantzt überauß woll. Ich habe kein eintzig kupfferstück von der printzes de Conti gesehen, so ihr gleicht. Daß man nach Rom geht, antiquitetten zu sehen, wie mein vetter, der landtgraff von Cassel, daß kan ich woll begreiffen, aber nicht, daß man alle daß pfaffenwerck sehen will; nichts ist langweilliger; viel seindt vielleicht auch hin, die 30000 galande damen zu sehen, aber wer von dem zeüg curieusitet hatt, mag nur nach Franckreich kommen, da wirdt er eben so viel finden. Wer seine sünde recht berewen will, hatt nicht nohtig, nach Rom zu renen; in der cammer ist die rewe eben so gutt. In Franckreich fragt man nicht viel nach Rom noch nach dem papst; man ist persuadirt, daß, wie auch war, man woll ohne ihm seelig werden kan. Alleweill bringt man mir einen brieff von Paris, so ich nohtwendig beantwortten muß; kan derowegen vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen ambrassire, wie auch Louisse, undt Eüch allezeit recht lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. Januar 1700 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 186–187
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0102.html
Änderungsstand:
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