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Brief vom 27. Juli 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


108.


[196]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Port royal den 27 Julli 1700.
Hertzliebe Louisse, es ist schon länger alß 14 tag, das ich Ewern lieben brieff vom 10 Julli entpfangen habe. Es war mir aber unmöglich, eher, alß nun, drauff zu antwortten; den es seindt mir hundertley verhindernußen zugestoßen, bin auch ein wenig kranck geweßen, ein art von colera morbus gehabt, so mich hatt ober undt unter sich gehen machen. Man sagt, daß es mir eine beßere gesundtheit hernach machen wirdt. Seyder Ewer schreiben vom 10 von Schwalbach habe ich keine brieffe weder von Eüch, noch von Amellisse bekommen; das macht mich forchten, daß der sawerbrunen Amelisse nicht woll zugeschlagen ist. Ich glaube nicht, daß Ihr, liebe Louisse, woll thut, den sawerbrunen auch zu trincken; den wen man gesundt ist, solle man keine remedien brauchen, den daß macht kranck. Ich habe den fürsten von Ostfrislandt gesehen, wie er noch gantz jung war undt hir zu Paris; sahe damahls sehr gesundt auß, solle aber nun gar ellendt geworden sein. Den jungen hertzog von Wolffenbüttel habe ich auch hir gesehen; war ein heßlich schätzgen undt erschrecklich desbauchirt, wurde verliebt von Carllutz s., der entpfing ihn aber übel, hette ihn schir den halß gebrochen. Alle andere fürstliche personnen kenne ich gar nicht, so zu Schwalbach sein. Den herr von Stein glaube ich nicht, daß ich jemahlen gesehen habe, aber die fraw von Stein estimire ich sehr; sie hatt verstandt undt meritten. Solte Ihr sie noch sehen, wen Ihr dießen brieff entpfangen werdet, bitte ich Eüch, liebe Louisse, sie doch von meinetwegen freündtlich zu [197] grüßen. Ich kan nicht begreiffen, warumb Amelisse wegen schwäche der füße nicht zu den fürstlichen personnen wirdt; sitzt Ihr andern den nicht bey ihnen in Ewern vissitten? Ich habe vergeßen, wer die fürstin von Itstein ist. Mich deücht, das gemeine undt ordinari fieber steckt nie ahn. Schwalbach ist jederzeit in reputation geweßen, daß man sich woll dort divertirt hatt. Es ist leicht zu errahten, warumb baron Willich von bößem humor ist; er meinte vestiglich, seinen proces hir zu gewinen, undt er hatt ihn verlohren. Mich deücht, es ist beßer vor dem duc de Schomberg, daß baron Willich propossitionen thut, so desraisonabel sein, alß wen sie raisonabel wehren; den dadurch wirdt er desto eher seinen proces zum zweyten mahl verliehren; dießer baron ist ein rechter chicaneur, ich wünsche, daß er nicht glücklicher mitt seinem teütschen, alß frantzoschen proces sein möge. Ich bin recht fro, daß Ihr undt Ewer schwager, liebe Louisse, so woll mitt mir zufrieden seydt; wünschte sehr, daß waß hir vorgangen, in Teütschlandt nutzen möge. Er ist all lengst wider nach hauß, wie Ihr auß meinem letzten brieff werdet ersehen haben; werde also nichts mehr von dießem baron sagen. Wir haben hir vergangene woche eine abscheülliche sache gehabt: die duchesse d’Ussay ist von den, met verlöff, met verlöff, Frantzoßen verfault gestorben. Sie war des prince de Monaco tochter, eine tugendtsame ehrliche gutte dame; ihr wüster man, den sie adorirte, hatt sie so zugericht. Ich kan nicht begreiffen, wie diß mensch ihren man hatt lieb haben können; er ist abscheülich heßlich, stinckt wie ein bock, ist alle tage voll undt seüfft mitt laquayen undt thut noch waß ärgers mitt ihnen, da er ohne zweyffel dieße wüsterey auffgefischt hatte; jedoch so hatt in seine gemahlin so lieb undt wehrt gehabt, daß sie im sterben solle gesagt haben, sie stürbe content, wen sie ihn nur noch einmahl sehen könte. Sie war schwanger undt von den remedien ist sie im 8ten mont niederkommen; ihr sohn ist eine halbe stundt nach der geburt gestorben undt sie 4 tag nach der niederkunfft. Ihr herr vatter jammert mich von hertzen, wirdt erschrecklich betrübt sein. Morgen werden wir nach Marly, umb 10 tag dort zu bleiben; hernach werden wir wider nach St Clou. Ich wolte, daß die zeit schon umb; den ich bin hertzlich gern zu St Clou. Ambrassirt Amelisse von meintwegen undt seydt versichert, daß ich Eüch beyde recht lieb behalte!
[198] P. S.
Weillen ich nicht weiß, ob Ihr noch im Schwalbach seydt, werde ich dießen brieff nach Franckfort adressiren.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 27. Juli 1700 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 196–198
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0108.html
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