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Brief vom 30. September 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


115.


[207]
Fontainebleau den 30 September 1700.
Hertzliebe Amelisse, gestern habe ich Ewer schreiben vom 23 dießes monts zu recht entpfangen, will heütte gleich drauff antworten; den morgen wirdt es mir ohnmöglich sein, den ich werde morgen auff die wolffsjagt, nach der jagt, wils gott, ahn mein dochter undt auch ahn ma tante schreiben undt abendts werde ich in die commedie gehen. Es ist zwar mein ordinari schreibtag morgen nicht von hir ahn ma tante, die fraw churfürstin, allein weillen ich übermorgen mitt Monsieur vereyßen werde undt 11 meil von hir mitt relayen werden undt dortten die post nicht geht, alß muß ich woll morgen abendts schreiben. Ihr habt mich gar nicht umb vergebung zu bitten, liebe Amelisse, daß Ihr mir nicht geschrieben; den es ist ja Ewer schuldt nicht, daß Ihr kranck geworden seidt undt so viel heßliche sachen habt einnehmen müßen. Es ist mir leydt, daß Ihr daß opera nicht habt sehen können; den daß freüllen von Fürstenberg, daß zu Nancy ist, undt die Ratzenhaussen, der Lenor dochter, welche vor dießem bey mir geweßen undt nun bey meiner dochter ist, haben diß opera zu Metz gesehen undt finden es nicht uneben, es muß also nicht schlim sein; den sie seindt ja ahn den operaen von Paris gewont, wißen also woll, waß gutt ist. Waß daß schmincken ahnbelangt, so findt man hir wenig weiber, es seye auff den theatrum oder bey hoff, so es nicht [208] sein; den tantzern solle mans wenig ahnsehen, wen ihnen etwaß im gesicht fehlt; den sie haben ja allezeit masquen ahn. Ich hatte schon horen sagen, daß sich die kauffleütte zu Franckfort sehr beschwehrt hatten, daß sie keine keüffer finden in der meß; ich glaubs, daß kompt, weillen alle leütte weniger gelt haben, alß vor dießem. Apropo von kirben, ich hatte Louisse letzmahl geschrieben, daß ich Eüch undt ihr eine St Clouer kirbe schicken wolte undt solches ahn abé de Thessut geben laßen, aber der goltschmidt hatt es so gar überzwerg gemacht gehabt, daß ich es ohnmöglich so habe schicken können. Nach unßer reiß von Montargis wirdt man mirs herschicken, werde es, wo es recht, ahn abé Thessut erst geben laßen; es ist eine indianische imitation. Sagt ahn Louisse, daß der baron Willich einen rechten impertinenten brieff ahn dem abé de St Piere, meinem premier aumonier, geschrieben hatt, umb mich zu persuadiren, Ewers schwagers, des ducs de Schonberg, interesse zu abandoniren![1] Ich schicke Eüch hirbey, waß ich auff dießen schönnen brieff habe antworten laßen. Er schreibt, auch graff Friderich wolle herkommen, umb den proces wider anzufangen. Ich glaube aber, daß [er], wen er meine andtwort sehen wirdt, mehr alß einmahl die sach betrachten wirdt. Es ist mir leydt, liebe Amellisse, daß Ihr Eüch nicht mitt allen den fürstlichen undt gräfflichen leütten habt lustig können machen. Wie ich auß ma tante, der fraw churfürstin, schreiben sehe, so divertirt sie sich gar woll auff dero reiße mitt dero fraw tochter; sie haben schön auff ihrer reiße. Hir haben wir auch gar schön wetter; ich mags mir auch braff zu nutz, einen tag jage ich, den andern gehe ich spatziren. Wir haben auch umb den andern tag commedie; die comedianten spiellen gar woll. Wie ich sehe, so ist die erbprintzes von Cassel noch in ihrem brautschmück; mich deücht aber, daß sich diß nicht zu dem inconito reißen schickt. Ich finde die glücklich, so hin dorffen reißen, wo sie wollen. Es ist woll löblich, daß die pfaltzgraffen so hofflich sein. Der churfürst zu Pfaltz wirdt sein meßgelt ahngewendt haben, die pressenten ahm keyßerlichen hoff außzutheillen, wirdt also, wie ich glaube, nicht mehr, alß andere, kauffen zu Franckfort. Ihr habt groß recht, liebe Amelisse, daß es Eüch verdriest, gelt ahn docktoren undt balbirer Ewer gelt zu geben. Waß ich Eüch vor daß grieß habe schicken wollen, wirdt, wie ich glaube, mademoiselle de Malose zu nutz [209] kommen; den sie ist sehr damitt geplagt, hatt neülich 2 stein von sich geben. Ich wünsche sehr, daß dießer brieff Eüch bey gutter gesundtheit ahntreffen möge, liebe Amelisse, undt daß Ihr viel jahr lang gesundt bleiben möget. Daß elexir, so ich habe machen laßen, gibt mir gar kein incommodit nicht; es kost mir nichts undt ich habe lachen müßen, daß Ihr mich deßwegen umb verzeyung bitt. Adieu, liebe Amelisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt behalte Eüch allezeit sehr lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. September 1700 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 207–209
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0115.html
Änderungsstand:
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