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Brief vom 7. November 1700

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


119.


[211]

A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Fontainebleau den 7 November 1700.
Hertzliebe Louisse, ich weiß nicht, wie der teüffel abermahl sein spiel gehabt hatt, aber seyder 5 wochen habe ich weder hir, noch zu Paris ein augenblick finden können, auff Ewere liebe brieffe zu andtwortten, alß nun. Erstlich, wie wir hieher kammen, kam der englische hoff auch her, undt wen der hir ist, kan man ohnmoglich schreiben; zu dem haben wir in der zeit eine reiße nach Montargis gethan. Wie wir wider kammen, war der englische hoff noch hir. Nachdem er weg, seindt wir just 2 tag hernach nach Paris, alwo wir meinten nur 2 oder 3 tag zu sein undt daß madame de Chartre ins kindtbett komen würde; allein wir sein 11 gantzer tag dorten geweßen undt erst 8 tag nach unßer ahnkunfft hatt sie unß nur ein großes dickes metgen daher gesetzt. Hernach haben wir ein traweriges spectacle gehabt. Madame la princesse hatt daß liebste von allen ihren kindern verlohren, nehmblich mademoiselle de Condé. Waß daß vor eine betrübtnuß ist, ist nicht außzusprechen; ich glaube nicht, daß es sich madame la princesse ihr leben wirdt getrösten können. Seyder wir wider hir sein, habe ich gedacht, ich würde endtlich einmahl schreiben können, aber ich habe ebensowenig zeit gefunden, alß zu Paris. Gantz Franckreich ist unß kommen complimenten machen auff meine zwey enckelger geburt. Mein dochter ist ein tag vor madame de Chartre ins kindtbett kommen, hatt es aber nicht beßer gemacht, sondern [212] auch ein medgen bekommen. Dießes alles sambt den jagten hatt mich bißher ahn schreiben verhindert. Ich weiß nicht, bey welchem von Ewern schreiben ich ahnfangen solle zu andtwortten; den ich kan sie ohnmoglich ordentlich beantworten, den es ist heutte noch der lotteringische posttage, undt weillen ich nie keinen versaumbt, würde mein dochter meinen, ich were todt, wen sie eine post were, ohne ihr zu schreiben; muß derowegen nur in aller eyll sagen, daß ich recht fro bin, daß mein bawernkirbe Eüch undt Amelisse so ahngenehm geweßen. Es wundert mich, daß Ihr mein beren-katzen-affengesicht noch habt erkenen können; den ich bin doch unerhört verendert undt nicht kenbar mehr. Die freüde, so Eüch dieße bagatelle geben, erweist mir Ewere affection, wovor ich Eüch recht verobligirt bin; wolte gott, ich hette eine rechte gelegenheit, Eüch die meine zu persuadiren können! Daß Ewere sach mitt baron Willig noch nicht außgemacht ist, wundert mich nicht. Es ist der wunderlichste kopff von der welt; fürchte, er wirdt Eüch noch lang zu schaffen geben. Ich wolte Eüch von hertzen gern noch lenger entreteniren, allein es ist nahe bey 7 uhren undt ich will noch ein par wort auch ahn Amelisse schreiben undt hernach muß ich in Lotteringen noch 3 brieff schreiben undt alles muß vor 10 fertig sein, kan also in eyll nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen ambrassire undt allezeit recht lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. November 1700 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 211–212
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0119.html
Änderungsstand:
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