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A mad. Louisse, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Paris den 22 Februari 1701.
Hertzliebe Louise, ich glaube, es ist ein sonderlich esprit folet,
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so sich divertirt, mir allemahl verhindernüßen zu schicken, wen ich
ahn Eüch oder Amelisse andtworten will; den es ist gewiß, daß,
so offt ich mich [in] der intention niedergesetzt, umb ahn Eüch
beyde zu schreiben, ist mir alß eine verhindernuß dazwischen
kommen. So baldt ich wider gantz gesundt worden, seindt wir nach
Marly, alwo ich ohnmöglich zum schreiben habe gelangen können,
ob wir zwar sieben tag dort geweßen. Den sontag, alß wir hin
sein, ging man nach dem eßen in die predig, hernach schriebe ich
ahn ma tante, die fraw churfürstin zu Braunsweig, fuhr hernach
nach Marly, gegen 8 war bal. Andern tag, alß montags, schriebe
ich ahn mein dochter undt die hertzogin von Savoyen biß gegen 6,
da kammen die königliche personnen von St Germain, umb 8 war
bal, umb halb 11 aß man zu nacht. Dinstags wolte ich schreiben,
aber es kammen so viel leütte zu mir, daß ichs nicht konte, undt
muste abendts mit monsieur le Dauphin in die mußiq, so biß zum
nachteßen wehrte. Mitwogs schriebe ich ahn mein dochter undt
die hertzogin von Hannover undt muste auch noch nach Paris
schreiben, also ging der tag vorbey. Donnerstags schriebe ich ahn
ma tante, die churfürstin, undt fuhr hernach nach St Germain;
den ich hatte den könig undt die königin von Engellandt noch
nicht gedanckt, so fleißig in meiner kranckheit vor mich gesorgt
zu haben. Wie ich wider kam, war es zeit, zu der mussiq zu
gehen, damitt ging der tag auch hin. Freitags jagten wir den
gantzen tag ein dänhirsch mitt deß comte de Thoullousse hunden;
die jagt war nicht schön, aber daß wetter war gar sanfft. Abendts
war wider musiq. Sambstag gingen wir auff die hirschjagt, die war
gar schön; abendts fuhren wir wider nach Versaille. Sontag
schriebe ich wider nach Hannover undt muste auch in die predig undt es
war auch salut. Montag kammen wir hieher undt muste gleich ahn
die hertzogin von Savoye undt mein dochter schreiben, hernach ins
apartement. Dinstags fuhr ich au Port royal; hernach, alß ich
wider kam, bin ich mitt Monsieur Libden ins opera. Mitwogs war
wider der schreibtag von Lotheringen undt Modene, donerstag nach
Hannover, opera undt apartement. Freitags war Port royal, alwo
viel leütte zu mir kammen, hernach wider opera undt apartement.
Sambstag schrieb ich ahn mein dochter, fuhr hernach ins große
Carmelittenkloster; abendts war, wie alle tag, apartement. Sontags
fuhr ich in die kirch, schriebe hernach ahn ma tante, die
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churfürstin, undt ma tante, die fraw abtißin von Maubisson, ging hernach ins
opera. Gestern, alß montag, fuhr ich nach dem Port royal, schrieb
dort ahn mein dochter undt die hertzogin von Savoyen, hernach
muste ich zu madame la princesse, welche kranck ist. Wie ich
wider kamme, ginge man eben ins apartement. Also secht Ihr
woll, liebe Louisse, daß mir kein anderer tag zum schreiben
übergeblieben, alß eben dießer; ah, da findt sich schon wider eine
verhinderung, man melt mir die printzes von Zweybrücken ahn. Nach
dem opera werde ich dießen brieff außschreiben.
Donnerstag den 24 Februari.
Es kammen vorgestern nach dem opera so viel leütte, daß ich
ohnmöglich dießen brieff außschreiben konte. Gestern schrieb ich
wider in Lotheringen undt nach Modene, hernach fuhren wir au
faubourg St Germain, die seildantzer dort zu sehen; daß werte
von 5 biß umb 8, konte also wider nicht schreiben. Ich bin heütte
nach dem 3ten acten auß dem opera gangen, umb dießen brieff
außzuschreiben. Ein ander mahl werde ich ahn Amelisse schreiben,
heütte ist es ohnmöglich. Ewer schwager hatt mir geschrieben
undt geklagt, daß er gar übel mitt seiner niece zufrieden ist,
fürcht, mehr processen, alß nie, zu bekommen. Ich meinte, alles
würde mitt seines brudern todt auffhören. Man rufft mir, ins
apartement zu gehen, muß schließen undt vor dießmahl nichts
mehr sagen, alß daß ich Amellisse undt Eüch, liebe Louisse, von
hertzen ambrassire undt Eüch allezeit sehr lieb behalte.