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Brief vom 8. März 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


125.


[217]
Versaille den 8 Mertz 1701.
Hertzliebe Amelisse, so fest ich mir auch vorgenohmen hatte, Eüch gleich einen tag hernach zu schreiben, wie ich ahn Louisse geschrieben hatte, so habe ich doch ohnmöglich dazu gelangen können undt die 14 tag haben sich noch verfloßen, ehe ich dazu habe gelangen können. Wir seindt vergangen sambstag 8 tag wider herkommen. Den sontag war predig undt muste ahn ma tante, die fraw churfürstin zu Braunsweig, schreiben, welche brieff allezeit gar lang sein. Montag fuhr ich mitt monsieur le Dauphin auff die wolffsjagt, funden aber nichts, ob wir zwar lang suchten. Dinstag renten wir den danhirsch zu St Germain, damitt ging der tag vorbey undt abendts war commedie. Mitwogen schriebe ich nach Lotheringen undt Modene undt ginge in die predig, donnerstags wider auff die wolffjagt; die wehrte 4 gantzer stunden undt [218] mehr, aber ich fuhr nach 4 stunden nach hauß, hatte nur der zeit, abendts ma tante brieff, so ich frühe morgendts ahngefangen hatte, außzuschreiben. Freitag war wider predig undt hatte den gantzen tag affairen; den mein premier escuyer ist gestorben. Seine witwe hatt ein brevet de retenüe; also wer ahn deß verstorbenen platz den dinst haben will, muß der witwe die charge abkauffen, so von 42000 thaller ist. Daß macht viel gethuns, darumb habe ich courir über courir bekommen undt wider andtworten müßen; damitt ist mein tag hingangen. Sambstags fuhren wir wider auff die wolffjagt. Wie ich wider kam, schriebe ich ahn mein dochter; abendts war comedie wider. Sontags schribe ich nach Hannover undt ginge in die predig, welche gar lang wehrte, schriebe auch nach Paris. Montag, alß gestern, schriebe ich ahn mein dochter undt in Savoyen; daß führte mich, biß es wider zeit war, in die commedie zu gehen, welches die letzte ist biß auff Fontainebleau; es war la Mort de Pompée et le Medecin malgrè luy. Also secht Ihr woll, liebe Amelisse, daß mir kein zeit alß heütte überblieben, zu schreiben. Es würde zu lang fallen, auff alle Ewere liebe brieffe zu antworten, unterfange also nur den letzten, vom 27 Februari. Meine gesundtheit ist, gott seye danck, nun gar perfect; daß jagen ist mir über die maßen woll bekommen. Es ist gewiß, daß, wen man ein wenig kranck geweßen, lernt man kenen, waß gutt oder schädtlich zu der gesundtheit ist; also wirdt man ein halber docktor mitt. Ich lachte woll hertzlich gestern abendts in der commedie; den der comediant, so der vatter von Lucinde spilte, wolte auff einmahl ruffen, wie er den thun solle: Ah, ma fille parle. Ich weiß aber nicht, waß ihm im maul kam, schriehe ahnstatt parle: A, ma fille pette; daß gab ein praff gelächter. Carl Moritz jamert mich recht umb waß er ahn seinem aug außstehet; den es thut mir nur wehe, zu gedencken, daß man etwaß in ein aug schneyden muß; den kein gliedt deß menschen ist entpfindtlicher. Ich fürchte, er drinckt zuviel, undt daß ist den augen sehr schädtlich. Ich habe ma tante geschrieben, wie sehr Carl Moritz sich der gnaden rümbt, so er von I. L. undt dem churfürsten von Braunsweig entpfängt. Ich hoffe, ma tante wirdts machen wie ihre fraw schwester, die fraw abtißin von Maubuisson, welche den 11 April in ihr 80 jahr tretten wirdt undt sicht die kleinste schriefften ohne brill, hatt noch ihre zän, zwar verschließen, aber doch noch [219] alle im mundt undt geht beßer, alß ich, ist immer lustig undt recht possirlich so auff den schlag, wie I. G. unßer herr vatter, der churfürst s., war, wen I. G. s. von gutten humor wahren. Die zwey pfältzische damen von Walbrun haben woll ungleiche heürahten gethan. Man kan hirauff sagen, daß der hertzog von Saxsen undt seine geschwey beyde nicht recht gescheydt sein müßen, sich so zu mißheürahten. Aber deß hertzogs braut glaube ich nicht, daß sie jemahlen wirdt glückseelig sein können, ihren versprochen edelman vor den hertzog auß ambition zu verlaßen. Daß man den menschen hatt assassiniren wollen, ist etwaß abscheüliches. Zu meiner zeit war man nicht so boßhafft in Teütschlandt undt man mißheürahte sich auch nicht so leicht; kan die neüen moden im vatterlandt gar nicht gutt heißen, noch aprobiren. Der marschalck von Homburg, monsieur von Baer, hatt mir gestern ein brieff von Louisse gebracht, kan ihn aber ohnmöglich heütte beantworten. Macht ihr meine entschuldigung undt ambrassirt sie von meinetwegen undt seydt beyde versichert, daß ich Eüch recht lieb habe!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. März 1701 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 217–219
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0125.html
Änderungsstand:
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