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Brief vom 15. Juli 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


134.


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A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 15 Julli 1701.
Hertzlieb Amellisse, ich habe Ewere zwey schreiben vom 3 Julli undt 23 Juni zugleich entpfangen vor etlichen tagen, sage [231] Eüch großen danck vor daß mittleyden, so Ihr mir über meinem unglück bezeügt. Ich weiß nicht, ob es nicht beßer geweßen wehre, daß ich undt nicht Monsieur gestorben wehre; den I. L. s. hetten glücklich undt vergnügt noch lang leben können, ich aber werde deßgleichen nicht thun können. Monsieur Obrecht ist übel informirt, wen er sagt, daß ich so ein groß wittumb habe; den die warheit ist, daß ich nur von deß königs gnaden werde zu leben haben. Ich weiß nicht, wer der monsieur de Sperville ist, habe den nahmen mein leben [nicht] gehört; allein er hatt keine gutte corespondentz hir im landt undt wirdt übel bericht; den denselben tag, alß Monsieur s. starb, setzt ich mich in kutzh undt fuhr hieher undt bin nicht seyderdem auß dießem schloß kommen, habe nie gedacht, in ein closter zu gehen; den daß closterleben ist gar nicht mein sach. Wie es mitt meiner gesundtheit stehet, kont Ihr, liebe Amelisse, auß Louisse brieff sehen, der ich einen volligen bericht davon ertheylle. In der Pfaltz werden wir einander woll nie wider sehen; den meine bißen zu schmahl sein, umb zu reißen können; zu dem so darff ich nicht auß dem königreich. Hiemitt ist Ewer erstes schreiben vollig beantwortet; ich komme jetzt auff daß zweitte. Es ist war, liebe Amelisse, daß ich unerhört viel schreiben auff mein unglück bekomme. Ich bin fro, daß Eüch die königin in Denemarck so woll entpfangen. I. M. seindt woll glücklich, bey die ihrigen einmahl wider zu sein können. Die königin hatt Eüch tractirt, wie es sein solte, aber die churfürstin zu Pfaltz ist ridiculle, es nicht auch so zu thun. Ich bin gantz verwundert, daß herr Obrecht so übel von meinen affairen instruirt ist, zu glauben, daß ich ein gutt wittumb habe. Er weiß vielleicht nicht, wie viel zu meinem hoffstadt gehört, oder glaubt vielleicht den holländischen gazetten, so schon braff hirauff gelogen haben, undt umb die rechte warheit zu bekenen, so versehe ich mich in dießem leben keines großen glücks; den wer von puren gnaden lebt, kan kein gar groß glück zu hoffen haben. Wir seindt alle der verenderungen zu sehr unterworffen in dießer welt, umb allezeit auff gnaden zu vertrawen können, aber bißher habe ich mich deß königs gnaden sehr zu rühmen sowoll vor mich, alß meinen sohn, welchen I. M. zu einem großen herrn gemacht haben. Von meinem sohn bin ich sehr content I. L. leben gar woll mitt mir; er ist ein gutter bub undt hatt ein gutt gemühte. Hirmitt seindt Ewere beyde schreiben [232] durchauß beantwortet. Es ist jetzt eßenzeit, muß also schließen. Adieu den, liebe Amellisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt habe Eüch recht lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. Juli 1701 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 230–232
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0134.html
Änderungsstand:
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