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Brief vom 18. August 1701

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


137.


[235]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Marly den 18 Augusti 1701.
Hertzlieb Amelisse, es ist 10 tag, daß ich [mich] alle tag daher setze, umb Eüch zu schreiben, ist mir aber allemahl eine verhinderung dazwischen kommen; heütte aber hoffe ich, einmahl dazu gelangen. Der gutte herr Obrecht hatt nun weder recht noch unrecht; den er ist nun todt, wie Ihr schon werdet erfahren haben. Waß mich ahnlangt, so verlaß ich mich auff den lieben gott undt deß königs gnaden undt schlendere so meinen weg fort. Ich bin noch zimblich gesundt, habe aber seyder vergangenen sontag ein wenig den durchlauff, welches die große mode zu Marly ist. Vor alle gutte wünsche dancke ich Eüch von hertzen, liebe Amelisse! Ah, monsieur d’Iberville da habe ich woll von gehört. Ihr hattet erst Sperville geschrieben undt den nahmen kente ich nicht. Daß ordre, so er tregt, wirdt nur daß von St Louis sein, womitt man [236] gar nicht geistlich ist, sondern wirdt denen nur gegeben, so dem könig 20 jahr im krieg gedint haben. Iberville mag woll von den Parisser stadtleütte sein, die schnadern so lautt, wie Ihr dießem beschreibt; wollen alß vom hoff reden undt wißen nichts darvon. So närisch bin ich nicht, mich in ein closter zu speren; daß ist mein sach gar nicht. Der himmel kan über mich nichts anderst vorsehen haben, alß mein leben algemach hir hinzubringen undt hernach zu sterben. Ich kene die welt zu woll, bin auch zu alt, umb große deseins zu haben; nur in ruhen mein leben hinzubringen ist meine eintzige ambition; also wen ich nur ruhig bin, wirdt Ewer gutter wunsch ahn mir erfühlt sein; den alßden werde ich vergnügt leben. Die Pfaltz werde ich woll mein leben nicht mehr zu sehen bekommen, noch außer Franckreich reißen. Hir im landt fragen die kinder gar wenig nach den eltern. Es ist etwaß gar rares, wen man einen findt, so seine mutter lieb hatt undt sie nicht veracht nach seines vatters todt; mein sohn hatt also hirin mehr meritten, alß man woll meint. Es ist nun zeit, ahn taffel zu gehn; nach dem eßen werde ich dießen brieff außschreiben.
Nun komme ich von der taffel undt werde folendts auff Ewer schreiben andtwortten, liebe Amelisse! Wir wahren zuvor ahn meinem sohn geblieben. Glaubt mir, daß es viel ist, daß mein sohn mich lieb hatt! den dazu ist er wahrlich gar nicht erzogen worden; den man hatt von seiner zarten jugendt ahn mitt fleiß gearbeytet, ihn von mir abzuziehen; jedoch so hatt sein gutt naturel die oberhandt genohmen, aber hirvon wer noch viel zu sagen, derowegen beßer, zu schweygen. Gott gebe, daß die keyßerliche envoyes alles nach ma tante contentement außmachen mögen wegen deß 9ten churfürstenthum! Ma tante hatt mir geschrieben, daß der graff Eck unßers baron Ecks bruder seye. Mitt dem graff Rabach undt seiner gemahlin ist ma tante, die fraw churfürstin, sehr woll zufrieden, sehe also, daß sie alle gar woll mitt einander zufrieden sein. Ich bin fro, daß ma tante so woll außsicht; den daß macht mich hoffen, daß I. L. noch lang leben werden. In meinem sin finde ich ma tante viel glücklicher, alß wen I. L. königin weren; den die Engländer haben unbeständige undt dolle köpff. Ewer schwester war nicht übel bericht; den man lest meine gelder erfolgen, undt thun woll, den sonsten wer ihnen der könig teüffelsdings über den halß gefahlen. Ich habe gestern brieff von Rom bekommen. Meine [237] sach ist dort ahngefangen, dancke Eüch sehr vor die gutte wünsche, so Ihr dazu thut; hett es hoch von nöhten, daß es woll ablauffen möge. Adieu, liebe Amelisse! Ambrassirt Louisse von meinetwegen undt sagt ihr, daß ich alleweill ihren lieben brieff vom 11 Augusti entpfange! kan aber ohnmöglich heütte andtworten, sondern nur Eüch beyde versichern, daß ich Eüch allezeit recht lieb behalten werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 18. August 1701 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 235–237
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0137.html
Änderungsstand:
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