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A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 1 Februari 1702.
Hertzliebe Amelisse, ich habe Suzon, meiner amen dochter, so
eine witwe ist undt madame du Fresne heist, nicht weg wollen laßen,
ohne ihr auch ein brieff ahn Eüch sowoll, alß ahn Louisse
mittzugeben; bitte, Ihr wolt sie doch auch zu Cassel recommandiren; den
es ist eine rechte ungerechtigkeit, so deß landtgraffen secretari ihr
thun will. Den erstlich so ist sie keine Metzerin, sondern in der
Pfaltz geboren, zum andern so ist es nicht war, daß man deß
secretarie frawen gütter confisquirt hatt; also kan er ja nichts ahn
Suzon ihrer erbschafft pretendiren, so allein ihr undt ihrem bruder
gehört. Sie wirdt Eüch viel von hir verzehlen können, den sie ist
allezeit bey mir undt dint mir gar fleysich; sie ist gar eine gutte
fraw. Ich bin gewiß, daß sie Eüch mitt ihrer wunderlichen sprach
sowoll in teütsch alß in frantzösch wirdt lachen machen; den ich
glaube nicht, daß Ihr Ewer leben eine solche gehört. Sie könte
weder in der frantzöschen accademie noch teütschen fruchtbaaren
geselschafft kommen, hatt eine rechte rare sprach, wie Ihr hören
werdet; sie ist gewont, daß man drüber lacht. Lenor, die
Rotzenheusserin, kan perfect reden wie sie; wen sie mitt ihr spricht,
spricht sie imer ihre sprach, macht mich offt recht lachen. Adieu!
Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb behalte!