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Brief vom 12. März 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


159.


[271]

A mad. Louisse, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 12 Mertz 1702.
Hertzlieb Louise, wie kompts, daß Ihr madame de Segure [272] Monbron madame de Leure nent? So heist sie ja gar nicht. Die gutte fraw scheindt alt undt ist es auch in der that; den sie ist viel älter, alß ich. Sie war schon eine gestandene jungfer, wie ihr bruder, der Stubenvoll, haußhoffmeister wardt, undt ich war ein recht kindt. Sie muß auffs wenigst nach meiner rechnung ein jahr 8 oder 9 älter sein, alß ich, undt wie Ihr woll wist, so werde ich im Mayen 50 jahr alt werden. Sie bezeugt mir in ihrem schreiben eine große freüde, Eüch beyden zu sehen. Der gutten fraw von Harling todt ist mir recht zu hertzen gangen. Es macht mich gantz trawerig, undt ob der gutten frawen zwar woll geschehen, indem sie niemahlen recht hette geneßen können undt nur gelitten hette, so ist es doch allezeit betrübt, gutte freünde zu verliehren. Ich glaube, daß es I. M. der königin in Preussen auch wirdt leydt geweßen sein; den die gutte fraw hatte sie auch sowoll alß mich erzogen. Die umbständen von der gutten frawen todt weiß ich nicht. Ich bitte, sagt mirs doch! Ich sage von hertzen amen auff den gutten wünsch, so Ihr, liebe Louisse, vor ma tante conservation thut. Wolte gott, ich könte durch meinen todt ma tante unsterblich machen! ich würde ohne mühe gleich sterben. Es ist offt sehr gefährlich, den husten zu negligiren; ich habe leütte dran sterben sehen. Es ist ein glück, einen gutten humor zu haben; den daß stehet nicht allezeit bey unß. Ich erinere mich deß spils a la guere nicht mehr; gar zu hart zu schlagen in spielger, da ist doch kein spas bey undt macht leicht händel unter die cavalirs. Hettet Ihr, lieb Louisse, nicht gesagt, daß ein fehler in Ewerm brieff, ich were es nicht war geworden. Die verfluchte pfaffen zu Rom haben mir meinen proces gantz verliehren machen, aber die sentens ist, gott lob, so doll auffgesetzt, daß man versichert, daß man sie vor nul kan passiren machen; also helt man hir die sach noch nicht zum endt, ich aber werde daß endt von dem proces woll mein leben nicht sehen. In gottes nahmen! wens meinen kindern nur zu gutt kompt, bin ich schon zufrieden. Ich muß heutte noch zwey oder 3 brieffe schreiben, kan Eüch also vor dießmahl nichts mehr sagen, liebe Louisse, alß daß ich [Euch] allezeit recht lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. März 1702 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 271–273
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0159.html
Änderungsstand:
Tintenfass