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Brief vom 17. Juni 1702

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


171.


[291] A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.
Versaille den 17 Juni 1702.
Hertzliebe Amelisse, seyder eine zeit bin ich sehr unfleißig im schreiben geweßen; es war aber meine schuldt nicht, wie Ihr nun woll wist. Ich bin noch gar schwach. Die letze reiße habe ich woll nicht gejagt, aber daß fieber hatt mich gar starck gejagt. Alles wer woll hingangen, wer ich nur nicht so geck geweßen undt hette mich zur ader gelaßen; seyder dem kan ich nicht wider zu kräfften kommen undt bin gantz languissant, welches mir mitt meiner dicken corpelentz sehr übel stehet. Ahn die Pfaltz darff ich nicht gedencken, es jammert mich zu sehr. Der oberjagermeister Veninger wirdt ohnen zweyffel daß jägerregiemendt commandiren. Ich kene monsieur de Varene gar woll, aber er hatt keine schwester in Teütschlandt geheüraht, noch hatt keinen bruder, alßo kan der graff von Vehlen sein schwager nicht sein. Von den Casque habe ich mein leben nicht gehört. La Varene ist ein hofflicher wackerer man. Eine von seinen baßen ist meine dame d’atour, die ich sehr lieb habe. Man thete woll, die gefangene officirer von den Frantzosen woll zu tractiren; den man hatt die teütsche officirer hir ahm hoff sehr woll tractirt, wie Eüch der graff von der Lippe undt monsieur Zebel, so in heßen-casselische dinsten, wirdt sagen, wofern sie noch leben. Keyßerswehrt helt sich noch braff; monsieur de Blainville hatt recht ehre von seiner deffence. Es jammert mich, daß so viel ehrliche leütte auff beyden seytten dort bleiben. Ich beklage die, so freündt undt verwanten im krieg verliehren. Ich kan weder freündt oder verwandten im krieg verliehren; den ich habe keine drinen. Ich glaube leicht, wie sehr es Eüch schmertzen wirdt, wen Ihr nach Heydelberg werdet, die römische königin auffzuwartten; den daß wirdt Eüch ahn die gutten zeitten erinern, so leyder so sehr geendert sein. Ich mögte von hertzen wünschen, [292] daß es sich schicken konte, daß wir einander wider sehen mögten, würde Eüch von hertzen ambrassiren undt mundtlich versichern, daß ich Eüch von hertzen lieb habe undt behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. Juni 1702 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 291–292
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0171.html
Änderungsstand:
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