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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 30 December 1703.
Hertzliebe Louisse, ich habe Ewern lieben brieff vom 5 dießes
monts zwar schon seyder 8 tagen entpfangen, aber ohnmöglich eher,
alß nun, beantworten können; hundert verdrießliche verhindernüße
seindt mir zukommen, unter andern auch einen braffen husten,
welchen ich vergangen freytag 8 tag zu Paris auffgefischt habe.
Ich schewe der mühe nicht, zu schreiben, wen ich nur der zeit
habe; die zeit fehlt mir offt, aber nicht der gutte wille. Gott seye
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danck, daß ma tante wider woll ist! So geschwer im mundt thun
etlich mahl sehr wehe; bin fro, daß es bey ma tante ohne
schmertzen zugangen. Ich mache es wie I. L.; muß sehr kranck sein, wen
ich die kammer hütte. Ich bin auch persuadirt, daß man ehr
courirt, wen man sich weniger schondt. Ma tante hatt, gott lob, eine
gutte starcke natur. Gott erhalte I. L. noch lange jahren darbey!
Sie seindt mir zu gnädig, sich über meine brieffe zu erfrewen, so
nun woll gar alber wehren; den ich lebe je mehr je einsamer, kan
also weder waß neües noch artiges vorbringen. Es seye dan, daß
man den carnaval zu Hannover erlengert, sonsten wirdt er diß jahr
sehr kurtz werden undt die fasten nahe vor der thür sein. Gott
gebe, daß ma tante ihn mitt freüden undt vergnügen zubringen
moge undt Ihr auch, liebe Louisse! Der könig hatt mir selber
gesagt, daß printz Philip von Homburg geblieben ist. Den alsten
graffen von Nassau beklage ich recht; den es war ein recht gutt
kindt. Wer solte die hunde nicht lieben nach dem exempel von
landtgraff Philips hundt von Homburg? Heütte morgen umb 4 hatt
eine von meinen hundinen 7 jungen bekommen. Ich komme aber
wider auff Ewer schreiben. Der krieg ist woll eine abscheüliche
sach; man kans nicht müder sein, alß ich es bin. Ich habe ahn
den intendanten vom Elsaß geschrieben wegen Ewere gütter undt
bin versichert, daß er sein bestes thun wirdt; den es ist ein
gutter ehrlicher man, der mir allezeit gefahlen thut, wie er kan.
Er hatt über alles zu Landau undt im gantzen Elsaß zu befehlen;
hoffe also, daß es Eüch nützlich sein wirdt. Ich wolte gern noch
viel blaudern, ich habe aber noch zwey große brieff in Lotheringen
zu schreiben; werde derowegen nur in eyll sagen, daß die princes
von Homburg, so ihren herrn bruder, den sie so sehr geliebt,
verlohren, mich schrecklich jammert. Es ist mir auch leydt,
daß der gutt Eberfritz verwundt ist. Ich werde nun baldt seine
schwester Lenor wider hir bey mir haben. Adieu, liebe Louisse!
Ich ambrassire Eüch von hertzen undt werde Eüch allezeit lieb
behalten.
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