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Brief vom 30. Dezember 1703

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


202.


[336]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 30 December 1703.
Hertzliebe Louisse, ich habe Ewern lieben brieff vom 5 dießes monts zwar schon seyder 8 tagen entpfangen, aber ohnmöglich eher, alß nun, beantworten können; hundert verdrießliche verhindernüße seindt mir zukommen, unter andern auch einen braffen husten, welchen ich vergangen freytag 8 tag zu Paris auffgefischt habe. Ich schewe der mühe nicht, zu schreiben, wen ich nur der zeit habe; die zeit fehlt mir offt, aber nicht der gutte wille. Gott seye [337] danck, daß ma tante wider woll ist! So geschwer im mundt thun etlich mahl sehr wehe; bin fro, daß es bey ma tante ohne schmertzen zugangen. Ich mache es wie I. L.; muß sehr kranck sein, wen ich die kammer hütte. Ich bin auch persuadirt, daß man ehr courirt, wen man sich weniger schondt. Ma tante hatt, gott lob, eine gutte starcke natur. Gott erhalte I. L. noch lange jahren darbey! Sie seindt mir zu gnädig, sich über meine brieffe zu erfrewen, so nun woll gar alber wehren; den ich lebe je mehr je einsamer, kan also weder waß neües noch artiges vorbringen. Es seye dan, daß man den carnaval zu Hannover erlengert, sonsten wirdt er diß jahr sehr kurtz werden undt die fasten nahe vor der thür sein. Gott gebe, daß ma tante ihn mitt freüden undt vergnügen zubringen moge undt Ihr auch, liebe Louisse! Der könig hatt mir selber gesagt, daß printz Philip von Homburg geblieben ist. Den alsten graffen von Nassau beklage ich recht; den es war ein recht gutt kindt. Wer solte die hunde nicht lieben nach dem exempel von landtgraff Philips hundt von Homburg? Heütte morgen umb 4 hatt eine von meinen hundinen 7 jungen bekommen. Ich komme aber wider auff Ewer schreiben. Der krieg ist woll eine abscheüliche sach; man kans nicht müder sein, alß ich es bin. Ich habe ahn den intendanten vom Elsaß geschrieben wegen Ewere gütter undt bin versichert, daß er sein bestes thun wirdt; den es ist ein gutter ehrlicher man, der mir allezeit gefahlen thut, wie er kan. Er hatt über alles zu Landau undt im gantzen Elsaß zu befehlen; hoffe also, daß es Eüch nützlich sein wirdt. Ich wolte gern noch viel blaudern, ich habe aber noch zwey große brieff in Lotheringen zu schreiben; werde derowegen nur in eyll sagen, daß die princes von Homburg, so ihren herrn bruder, den sie so sehr geliebt, verlohren, mich schrecklich jammert. Es ist mir auch leydt, daß der gutt Eberfritz verwundt ist. Ich werde nun baldt seine schwester Lenor wider hir bey mir haben. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt werde Eüch allezeit lieb behalten. [338]
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 30. Dezember 1703 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 336–338
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0202.html
Änderungsstand:
Tintenfass