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Brief vom 17. April 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


208.


[346]
Versaille den 17 April 1704.
Hertzliebe Louisse, vorgestern habe ich Ewer liebes schreiben vom 30 Mertz entpfangen. Von meinem gehabten schrecken wegen der falschen zeittung will ich nichts mehr sagen. Gott seye danck, daß es nicht war geweßen, undt erhalte ma tante noch lange jahren in volkomener gesundtheit! Es ist woll ein ellendt, daß die brieffe so gar langsam gehen. Es mag woll sein, daß der geschwinde todt von der hertzogin von Wolffenbüttel den mißverstandt verursacht hatt. Wen daß wetter nicht schönner zu Herrnhaußen ist, alß hir, so werden I. L. nicht viel spatziren können. Hir ist es recht kalt nun undt frirt alle nächte. Ich glaube, ma tante geht nun beßer, alß ich; den ich bin so schwer undt dick, daß ich kaum mehr gehen kan. Hertzog Jorg Wilhelm ist so gar ein gutter herr, daß ich also leicht glauben kan, daß es zu Zelle ahngenehm sein muß. Ist es möglich, liebe Louisse, daß Ihr lieber schreibt, alß in die commedie geht? Ich bin über 9 jahr älter, alß Ihr seydt, undt mögte doch nicht gern eine comedie verseümen. Die proces weren lang, wie ich sehe. Gestern habe ich dießen brieff entpfangen, den Ihr hirbey findt. Schreibt doch ahn Ewerm ambtman, daß er es so macht, daß die catholischen sich nicht so sehr über ihn werden zu beschwehren haben! Sonsten würde ich den armen einwohnern zu Altorf nicht so wol helffen können, alß ich es wünschte; den Ihr könt woll gedencken, liebe Louisse, daß ich Eüch allezeit gern mitt freüden dinne; aber waß mitt baron Willich vorgangen, ist nun eine alte historie. Ich will mich informiren, wie es nun mitt Coubert stehet, undt es Eüch berichten; aber ich zweyffele nicht, daß es in frieden wider Ewern neueus werden wirdt; den ich habe alß gesehen, daß in frieden alles den rechten herrn wider zu theil geworden ist. Es ist woll war, liebe Louisse, daß es seyder eine zeit her gar doll in der welt hergeht mitt allen doppelten königen. Dem in Poln ist seine ambition übel gelungen. In Spanien wirdt man nicht acht haben, welcher von beyden pretendanten ahn der cron ahnziglich ist oder nicht; der dem andern die beste stöß gibt, wirdt woll könig bleiben. Ich habe noch 5 brieff heütte zu schreiben, muß derowegen wider meinen [willen] schließen undt nichts [347] mehr sagen, alß daß ich Eüch, liebe Louisse, allezeit von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 17. April 1704 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 346–347
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0208.html
Änderungsstand:
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