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Brief vom 16. August 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


215.


[352]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Franckfort.

Versaille den 16 August 1704.
Hertzliebe Amelisse, ich kan Eüch nicht anderst, alß durch die sontagspost, schreiben; den sonsten blieben meine brieffe zu Lüneville liegen. Also habe ich so spät müßen ahnfangen; den die andere zwey sambstagen undt sontagen seindt mir so viel hindernussen zugestoßen, daß ich ohnmöglich habe zum schreiben gelangen können, habe also biß nun wartten müßen. Entweder müst Ihr Eüch verschrieben haben oder Ewer schwester; den Ewer brieff ist vom 19 dattirt undt Louisse ihrer ist vom 24 Julli; also secht [353] Ihr ja woll, daß eines von beyden nicht recht sein kan. Ich hatte mein leben nie von der cur der grünen brühe gehört, daß könte ich nicht nehmen. Louisse ist ja nicht alt. Waß kan ihr dan daß hoffleben schaden? Daß Ihr mitt ihr geht, wundert mich nicht, aber woll, daß Ihr in der statt logiren solt. Daß Ihr ein hauß in der statt habt, wundert mich nicht; den man muß woll ein hauß haben vor seine leütte undt auch, wen man kranck solte werden; aber mich deücht, es were ridiculle, daß der churfürst Eüch nicht bey Ewerer schwester logirt, wie vor dießem geschehen. Ihr habt recht, daß es Eüch spanisch vorkompt. Ich kan es nicht begreiffen, waß daß bedeütt. Ma tante hatt mir kein wordt davon geschrieben; ich hette I. L. sonsten woll gesagt, wie frembt es mich vorkompt. Die kleine Rotzenhaussen hatt eben kein unrecht mitt madame Sandewitzsch[1]. Sie ist mir [nicht] alß eine person von qualitet pressentirt worden, sondern nur alß eine englische dame, so ich en passant gesehen. Sie hatt mir nie keine vissitte en forme geben undt ist nie ahngezogen zu mir kommen, noch mitt mir geßen, wie alle andere damen, hatt nur apart in mein sohns apartement sans consequence mitt ihm geßen. Ich habe nie mitt ihr gerett undt nie keine familliaritet mitt ihr gehabt, aber Monsieur s. hatt sie offt gesehen, wen ich nicht zu hauß war. Hir hatt dieße dame passirt vor eine, so viel verstandt hatt, aber gar leichtfertig ist undt ihr sexe lieber, alß mäner, sicht.
Sontag den 17 Augusti.
Wie ich gestern ahn dießem letztem wordt war, kame man mir sagen, daß es zeit were, zu deß königs nachteßen zu gehen, habe also geschwindt abbrechen müßen undt biß auff heütte verschieben. Ich habe Eüch gestern von madame de Sandewitzsch [geschrieben]. Die fraw von Rotzenhaussen kent dieße dame gar nicht; den wie ich Eüch schon gestern gesagt, so habe ich sie nur ein eintzig mahl en passant gesehen, wie ich alle leütte sehe, so nur daß hauß sehen kommen. Ist Manheim jetzt wider woll genung gebawet, daß man drinen wohnen kan? Daß ist mir lieb zu vernehmen; den weillen monsieur Schelm undt sein fraw nach Manheim sein, muß man ja woll dort wohnen können. Die fraw von Bernstein wirdt nun baldt die freüde haben, ihren sohn wider zu sehen; den wen wir nach Fontainebleau werden, wirdt er mitt seiner tanten wider weg. Es [354] ist ein rechter ehrlicher feiner mensch, so sich hir überall beliebt gemacht hatt undt über die maßen woll gehalten. In dießem augenblick entpfange ich ein schreiben von ma tante, der fraw churfürstin, welches ich gleich beantwortten werde; derowegen vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch allezeit lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. August 1704 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 352–354
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0215.html
Änderungsstand:
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