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Brief vom 21. September 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


217.


[355]
Fontainebleau den 21 September 1704.
Hertzliebe Louisse, seyder etlichen tagen seindt wir wider hir, alwo wir unßer ordinarie leben führen, nehmblich 3 mahl die woch commedie undt jagten. Vor etlichen tagen habe ich Ewer schreiben vom 4 dießes monts zu recht entpfangen, aber nicht eher, alß nun, beantworten können. Weillen ma tante, die fraw churfürstin, nichts mehr vom churfürsten, ihren herrn sohn, sagt, habe ich woll gedacht, daß I. L. wider gesundt sein würden. Alle menschen, so ma tante sehen, sagen wie Ihr, liebe Louisse, daß I. L. dero alter gar nicht scheinen. Zu Ewerem wunsch, daß sie der almachtige noch lange jahren bey gesundtheit erhalten mögen, sag ich von hertzensgrundt amen; den es woll mein groster wunsch ist. Daß seindt dolle moden, daß man kinderhoffmeisterinen den reichsgraffinen vorzihet; da ist kein rime noch raison bey. Ich kene die Lamotten gar woll, sie seindt unßers herr vatter oberstalmeister Lamot niece. Eine ist jungfer (freüllen solt ich sagen) bey der churfürstin, meiner fraw mutter, geweßen. Die ander ist bey ma tante, der princes von Tarante, geweßen, hernach zu ma tante kommen. Wen ahn den churfürstlichen hoffen man die hoffmeisterin so hoch bringen will, solten sie den lautter reichsgraffinen zu hoffmeisterinen nehmen, so thate man keine ungerichtigkeit. Amelise hatt groß recht, alle ceremonien zu hütten undt sich nicht dabey zu finden, da es so bestelt ist. Ich finde auch, daß Ihr woll todt,[1] Ewer hauß zu Franckfort zu behalten, im fall es nicht zu Hannover gefahlen solte, dieße retraite zu haben. Ich bin alß verwundert, wie Ihr die affairen undt processachen habt lehrenen können, welches mir gar schwer vorkompt. Ewer schwager passirt vor ein wenig gritlich undt incompatible, solle sich derowegen wider auß [356] Portugal gezogen haben. Ruffignie[2] tuht woll übel, gegen seinen könig zu krigen, von welchem er so manche gnaden erlangt hatt, auch noch seyder er hir weg undt in Englandt. Der könig hatt ihm seine gnade nie entzogen, biß er gegen ihm gedint hatt; finde also gar abscheülich, daß er sich dazu resolvirt. Ob er schon einen andern nahmen genohmen undt mylord Galoway heist, so ist er doch derselbe Ruffignie, den der könig vor so vielle andere distingiret hatt; solte also mehr erkandtnuß haben. Wofern Ewer schwager in Portugal geblieben, hatt er ehre davon; den es geht nun beßer dort, alß im ahnfang. Daß die letzte schlagt bey Hochstädt gewohnen, daß ist war; aber ich glaube, daß, wen man erfahren wirdt, wie es auff der see zugangen undt unßer grand admiral die große victorie erhalten, wirdt daß die freüde bey den Englendern undt Holländern sehr vermindern. Den conte de Monfort, der zu Franckfort ist, kene ich gar nicht, aber monsieur de Prié kene ich woll; der ist von qualitet undt der marechalle de Lamotte neueu. Ich habe den zettel von den gefangenen verlohren, so Amelisse mir geschickt; mich deücht aber, es war nur noch ein bekandter auff dem zettel. Ich gebe Eüch keine commission vor Amelisse; den ich werde ihr gleich selber andtworten, nachdem ich Eüch werde ambrassiret undt versichert haben, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 21. September 1704 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 355–356
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0217.html
Änderungsstand:
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