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Brief vom 20. November 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


220.


[360]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 20 November 1704.
Hertzliebe Louisse, ich habe Eüch zwar vergangen sontag über [361] Luneville einen großen brieff nach Franckfort geschriben, fürchte aber, daß Ihr ihn noch in langer zeit nicht bekommen werdet, weillen Ihr schon weg sein werdet, wen er ahnkomen wirdt. Seyder dem habe ich einen von Eweren lieben brieffen durch den printzen de Maubeck entpfangen, der sehr rümbt, wie höfflich Ihr ihn entpfangen, undt seine fraw mutter hatt mich sehr gebetten, ihre dancksagung davon bey Eüch abzulegen, welches ich den hiemitt thue. Heist Ihr offt schreiben, liebe Louisse, wen ich in 5 wochen 3 brieff von Eüch entpfange? Ewer schreiben vom 24 October ist eben nicht so gar frisch ahnkommen; den der prince de Maubeck hatt sich in Lotheringen auffgehalten sowoll bey hoff, alß bey seinem herr vatter, den prince d’Harcourt. Weillen ich glaube, daß Ihr nun schon zu Hanover seydt, thue ich dieße brieffe in ma tante paquet. Ma tante thut woll, zum hertzog von Zel nach der Ghör gereist zu sein; den daß wirdt ein wenig distraction geben undt die trawerige gedancken vertreiben, so der abschidt von der lieben königin wirdt verursacht haben. Ich kan leicht begreiffen, daß, wen man lang sein eygen meister geweßen undt gantz nach sein sin gelebt hatt, daß daß hoffleben mühe kosten muß, alwo man allezeit nach anderer leütte sin leben muß; aber bey ma tante, der fraw churfürstin, zu sein, ist ein großes vergnügen, so woll viel ungemach versüßen kan. Der prince de Maubeck ist woll ein printz von Lotheringen, aber nicht der printz von Lotheringen. Dießer tittel gehört meinem enckel allein. Junge leütte von deß prince de Maubeck alter salviren sich eher von wunden, alß die, so älter sein. Seine fraw mutter stelt sich gar fro, ihn wider zu sehen; allein die medissance will, daß sie wenig nach ihre kinder fragt; ob es war ist, laß ich dahin gestelt sein. Ich bin fro, daß monsieur Hattebach mitt mir zufrieden ist; den ich halte recht viel von ihm undt estimire ihn; scheindt ein rechter ehrlicher auffrichtiger cavalier zu [sein] undt noch ein Teütscher von der vielle roche. Daß ohl, so ihm so woll zu seinem arm bekommen, ist eben daßselbe, womitt ich den armen graffen von Nassaw auch geheylt. Ihr habt den menschen gesehen, so es gemacht hatt; es ist der gutte erliche Altoviti. Ich weiß nicht, ob Ihr Eüch seiner noch erinert; aber er ist lang zu Heydelberg zu meiner zeit geweßen. Dießer lebt nun wie ein heylliger, er hält sich bey Florentz auff undt denckt nur, den armen guts zu thun. Er undt einer seiner vettern haben diß [362] ohl erdacht, undt wie ich den arm außeinander gefahlen hatte, schickte er mir diß ohl, daß mir sehr wohl bekommen ist; hatte noch etliche bouteillen darvon, welche monsieur d’Hattebach auch woll bekommen sein. Hiemitt ist Ewer schreiben vollig beantwortet, bleibt mir nur überig, zu versichern, daß ich Eüch, liebe Louise, allezeit recht lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. November 1704 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 360–362
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0220.html
Änderungsstand:
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