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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 20 November 1704.
Hertzliebe Louisse, ich habe Eüch zwar vergangen sontag über
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Luneville einen großen brieff nach Franckfort geschriben, fürchte
aber, daß Ihr ihn noch in langer zeit nicht bekommen werdet,
weillen Ihr schon weg sein werdet, wen er ahnkomen wirdt. Seyder
dem habe ich einen von Eweren lieben brieffen durch den printzen
de Maubeck entpfangen, der sehr rümbt, wie höfflich Ihr ihn
entpfangen, undt seine fraw mutter hatt mich sehr gebetten, ihre
dancksagung davon bey Eüch abzulegen, welches ich den hiemitt
thue. Heist Ihr offt schreiben, liebe Louisse, wen ich in 5 wochen
3 brieff von Eüch entpfange? Ewer schreiben vom 24 October ist
eben nicht so gar frisch ahnkommen; den der prince de Maubeck
hatt sich in Lotheringen auffgehalten sowoll bey hoff, alß bey
seinem herr vatter, den prince d’Harcourt. Weillen ich glaube, daß
Ihr nun schon zu Hanover seydt, thue ich dieße brieffe in ma tante
paquet. Ma tante thut woll, zum hertzog von Zel nach der Ghör
gereist zu sein; den daß wirdt ein wenig distraction geben undt die
trawerige gedancken vertreiben, so der abschidt von der lieben
königin wirdt verursacht haben. Ich kan leicht begreiffen, daß, wen
man lang sein eygen meister geweßen undt gantz nach sein sin
gelebt hatt, daß daß hoffleben mühe kosten muß, alwo man allezeit
nach anderer leütte sin leben muß; aber bey ma tante, der fraw
churfürstin, zu sein, ist ein großes vergnügen, so woll viel
ungemach versüßen kan. Der prince de Maubeck ist woll ein printz von
Lotheringen, aber nicht der printz von Lotheringen. Dießer tittel
gehört meinem enckel allein. Junge leütte von deß prince de
Maubeck alter salviren sich eher von wunden, alß die, so älter sein.
Seine fraw mutter stelt sich gar fro, ihn wider zu sehen; allein
die medissance will, daß sie wenig nach ihre kinder fragt; ob es
war ist, laß ich dahin gestelt sein. Ich bin fro, daß monsieur
Hattebach mitt mir zufrieden ist; den ich halte recht viel von ihm
undt estimire ihn; scheindt ein rechter ehrlicher auffrichtiger
cavalier zu [sein] undt noch ein Teütscher von der vielle roche. Daß
ohl, so ihm so woll zu seinem arm bekommen, ist eben daßselbe,
womitt ich den armen graffen von Nassaw auch geheylt. Ihr habt
den menschen gesehen, so es gemacht hatt; es ist der gutte erliche
Altoviti. Ich weiß nicht, ob Ihr Eüch seiner noch erinert; aber er
ist lang zu Heydelberg zu meiner zeit geweßen. Dießer lebt nun
wie ein heylliger, er hält sich bey Florentz auff undt denckt nur,
den armen guts zu thun. Er undt einer seiner vettern haben diß
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ohl erdacht, undt wie ich den arm außeinander gefahlen hatte,
schickte er mir diß ohl, daß mir sehr wohl bekommen ist; hatte
noch etliche bouteillen darvon, welche monsieur d’Hattebach auch
woll bekommen sein. Hiemitt ist Ewer schreiben vollig
beantwortet, bleibt mir nur überig, zu versichern, daß ich Eüch, liebe
Louise, allezeit recht lieb behalte.