Seitenbanner

Brief vom 13. Dezember 1704

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


222.


[363]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 13 December 1704.
Hertzliebe Louise, vergangen donnerstag war es mir ohnmöglich, auff Ewer liebes schreiben vom 28 November zu antwortten, so ich den vorigen tag entpfangen, ein augenblick vorher, ehe ich von Versaille weg fuhr, umb her zu kommen. Damitt es mir morgen aber nicht wider wie donnerstag gehen mag, so will ich heütte schreiben; den morgen muß ich ahn ma tante, ahn die königin in Spanien undt ahn mein dochter antwortten, welches zeit genung nimbt, ohne noch etliche brieffe, so ich nach Paris schreiben muß; will also jetzt ordentlich andtworten, mein paquet aber erst morgen [364] machen, im fall waß neües vorgehen möge, Eüch solches noch zu berichten können. Ich fürchte, daß der brieff, so ich Eüch über Lotheringen geschrieben, verlohren gehen wirdt; den weillen ich ihn in der kleinen Rotzenhaussen paquet gethan, hatt mein dochter gemeint, sie müste es ihr nach Strasburg schicken, undt hatt es auch gethan; den die Rotzenhaussen war schon mitt dem freüllen von Furstenberg nach Strasburg gereist. Gott weiß, wo der brieff noch herumb zottlen wirdt; doch hoffe ich, daß, wen es nach Franckfort kompt, daß mans Eüch schicken wirdt. Ich weiß schon lengst, daß Landau über ist. Ich habe es durch mein dochter eher erfahren, alß unßer könig selber, aber nicht sagen mogen; den ich breitte nicht gern die bößen zeittungen auß. Es ist ein großer trost, eine schwester zu lieben undt bey sich zu haben. Ich kan nicht begreiffen, wie ein regulirter rang, alß der Ewerige sein solle, zu Hannover fehlen kan. Es ist ein gutt zeichen, daß ma tante fetter geworden ist; den in I. L. alter nimbt man mehr ab, alß zu, also ein zeichen, daß alles noch woll stehet; hoffe, ob gott will, daß I. L. gar alt werden. Mylord Malbouroug muß geendert [sein]; vor 24 jahren war er einer von den schönsten mänern, so man mitt augen sehen mag. Amelisse andtwort auff mein schreiben habe ich heütte zu recht entpfangen, werde noch drauff andtwortten. Die princes d’Harcour hatt eine neüe betrübtnuß; ihr zweyter sohn, der prince de Monlor, ist durchgangen zu den Holländern. Der gleicht seinem herr vatter wie zwey tropffen, monsieur de Maubeck aber der mutter undt seinem großvatter auff der fraw mutter seytten. Es war meine schuldt nicht, daß monsieur Hattenbach so spätt nach Cassel. Ich habe gar offt vor ihn solicitirt. Er gefelt mir recht woll, ist wie die leütte, so wir alß gutt hießen, ein rechter ehrlicher mensch noch von den rechten alte roche von den Teütschen undt von denen, so noch auff den schlag, wie zu unßern zeitten. Sonsten solle nun alles in Teütschlandt geendert sein, man wirdt sich aber nicht beßer dabey befinden, alles geendert zu haben; den waß gutt ist, solle man laßen, wie es ist. Ich sehe woll, daß Ihr Eüch deß gutten ehrlichen Altovitis noch gar woll erinert. Ich muß noch ahn Amelisse vor der mußiq andtwortten undt es schlegt 8, kan also nichts mehr sagen, liebe Louise, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
[365]
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 13. Dezember 1704 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 363–365
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0222.html
Änderungsstand:
Tintenfass