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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 19 Februari 1705.
Hertzliebe Louisse, vergangen dinstag habe ich erst Ewer
liebes schreiben vom 6 dießes monts entpfangen. Es ist ein ellendt,
wie man mitt den brieffen umbgeht. Zu monsieur de Louvois
zeitten laße man alle brieffe sowoll alß nun, aber man liefferte sie
doch zu rechter zeit. Nun aber daß cröttel
[1] der Torcy die post
hatt, zergt es einem unerhört mitt den brieffen undt ich habe mein
leben keine größere ungedult gehabt, brieffe von Hannover zu
haben, alß nun; den es ist mir gar zu bitter angst vor ma tante,
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die fraw churfürstin, in dießem unglück, so I. L. begegnet ist. Es
ist woll kein wunder, daß dero miltz geschwollen ist; wie könte
daß anderst sein bey einer so erschrecklichen betrübtnuß! Gott
seye danck nur, daß daß fieber außgeblieben! Den kein härterer
stoß hette in der weldt kommen können. Zu Eweren gutten wunsch,
liebe Louisse, zu ma tante gesundtheit sage ich von hertzen amen,
undt gott wolle unß gnädig erhören undt I. L. noch lange jahren
erhalten! Es ist leicht zu begreiffen, daß der könig in Preüssen
betrübt über seiner gemahlin verlust ist; sie meritirte es woll.
Wen die printzes von Anspach in ihrer kranckheit diß unglück
vernimbt, mögte der schrecken hirüber woll den garauß machen.
Gott gebe, daß Ewer erster brieff mir bericht, daß ma tante wider
beßer ist! Bitte, schreibt mir alß fleißig undt seydt versichert, daß
ich Eüch von hertzen lieb behalte!