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Brief vom 16. April 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


241.


[386]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 16 April 1705.
Hertzliebe Louise, vergangen sontag, alß ich Ewer schreiben von 3 dießes mont entpfangen, habe ich woll nicht gedacht, daß ich es hir beantwortten würde; den wir solten erst zu künfftigen mitwog herkommen. Waß unß aber vergangen dinstag hergeführt hatt, ist der unerwarte todt von dem kleinen duc de Bretagne, welchen, unter unß gerett, die herrn docktoren, wie ich allezeit glaube, umbs leben gebracht haben. Er hatte nur den husten undt zahnwehe; montags stießen ihm die gicht dabey ahn, da gaben sie ihm gleich 2 prissen emetique umb 11, umb 1 ließ man ihm zur ader undt umb 3 viertel auff 7 starb daß arme kindt, welches überal eine große betrübtnuß verursachet. Umb die trawerige gedancken zu vertreiben, jagt man braff hir. Heütte haben wir 2 hirsch gefangen mitt deß königs hunden, morgen jagen mir mit monsieur le comte seine undt übermorgen mitt deß duc du Maine seine, montag wider mitt deß königs hunden. Es ist aber auch einmahl zeit, daß ich auff Ewer schreiben komme, liebe Louisse! Pfui, Louise, waß seindt daß vor façon, daß Ihr mir nicht mehr so fleißig schreiben wolt, weillen ich mitt eygener handt andtwort! Mein secretarius kan weder Teütsch leßen noch schreiben, aber gesetzt, er konte es, meint Ihr, liebe Louisse, daß ich mich seiner handt vor Eüch oder Ewere schwester gebrauchen wolte? Daß wer schön. Nein, liebe Louisse, die leütte, so ich lieb habe, denen schreibe ich nie durch secretarie handt. Es ist ein gutt zeichen, wen ich nichts von meiner gesundtheit sage; den daß bedeüt, daß sie perfect ist; den wen ich kranck bin, sage ichs denen, so sich vor mich interessiren. Vor alle gutte wünsche, so Ihr mir thut, dancke ich Eüch von hertzen. Gott seye danck, daß unßer hertzliebe churfürstin wider woll ist, undt erhalte sie unß noch lange jahre undt [387] gebe I. L. wider waß, so dero hertz erfrewen mag! Were der mahler gutt gewest, hette ich gebetten, mir auch ein contrefait [zu machen]; weillen er aber nicht gutt ist, habe ich geschwigen. Der printz de Maubeck hatt nur die angst undt aparentz von den kinderblattern gehabt, ist wider gantz frisch undt gesundt. Die schleünige tödt seindt nicht allein hir a la mode, sondern auch in Spanien; den die königin schreibt mir, man höre von nichts anderst zu Madrit. Monsieur Schleünitz fraw habe ich nie gesehen, aber ihn offt. Mich deücht, er sahe nicht so unglücklich auß, alß sein endt geweßen; seine historie ist abscheülich. Wer ich so nahe, alß der bischoff von Osnabrück, würde man mich offter zu Hannover sehen. So alt ich auch bin, hette ich ma tante hoffmeisteriren noch hoch von nöhten. Ich kan nicht leyden, daß unßer Teütschlandt so in übel geendert ist. Ein herr müste woll desraisonabel sein, wen er übel fünde, daß reichsgräffinen nicht hinter adliche gehen wollen. Wo landtgraff Carl auch stecken mag, da wirdt nichts gescheydts sein. Er ist warlich recht närisch; ob er zwar mein naher vetter ist, kan ich es nicht leügnen. Hiemitt, liebe Louisse, ist Ewer brieff vollig beantwort; bleibt mir nichts mehr überig, alß nur, Eüch zu bitten, Amelise zu ambrassiren undt persuadirt zu sein, daß ich Eüch allezeit lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. April 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 386–387
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0241.html
Änderungsstand:
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