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Brief vom 20. August 1705

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


263.


[410]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 20 Augusti.
Hertzliebe Louisse, Ewer liebes schreiben vom 4 habe ich vergangen sambstag in ma tante paquet zu recht entpfangen just auff halb weg Paris in ein dorff, so Seve[1] heist. Ich fuhr nach Paris, weillen mein sohn seyder donnerstag sehr kranck war; hatt es unß aber erst umb 10 nachts wißen laßen. Ich dachte, daß er die kinderblattern bekommen würde; er hatte alle die zeichen davon, kopffwehe, halßwehe, naßeblutten, übergeben, ein gar starck fieber mitt redoublementen (ich weiß nicht, wie man diß auff Teütsch sagt), die augen so dick, daß er sie kaum auffthun konte. Man [411] hatt ihm nicht gebraucht, alß zwey clistier undt eine aderläße; damitt hatt alles, gott lob, auffgehört. Gestern hatt er medecin genohmen undt morgen abendts wirdt er herkommen. Gott sey ewig danck, daß ma tante wider gesundt ist, undt erhalte I. L. lange jahren dabey! Die betrügerey ist nur eine kleine betrügerey, aber ich konte es nicht vertragen. Daß Ihr aber dem churfürsten ma tante zustandt bericht, kan, wie ich glaube, I. L. nicht verdrießen; den daß ist billig; auch versichere ich Eüch, liebe Louisse, daß ich Eüch deßwegen nicht vor betrigerisch halten werde; den ich weiß woll, daß man bey kindern undt krancken allezeit so thut, undt bin sehr persuadirt, daß Ihr in alles gar den geraden weg gehet. Amelise andtwort habe ich schon entpfangen. Braune flecken auff den halß zu bekommen, ist nichts ungesundtes; daß ist naturlich undt wirdt durch baaden der princes nicht vergehen. Ich admirire, wie die docktoren, wen man sie gewehren lest, allezeit waß zu thun undt zu brauchen haben wollen. Ich habe im sin, daß, wen der junge margraff von Anspach ahnkommen wirdt sein, daß vielleicht woll eine doppelte alliance werden wirdt. Adieu, liebe Louisse! Ewer liebes schreiben ist vollig beantwortet. Ich werde nun zur taffel undt nach dem eßen werden wir im parq den hirsch jagen. Er wirdt sehr schön jagen sein; den es hatt gestern genung geregnet, umb den staub auffzuhoren machen, undt daß wetter ist abgekühlet. Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 20. August 1705 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 410–411
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0263.html
Änderungsstand:
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