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Brief vom 25. Februar 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


297.


[443]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 25 Februari 1706.
Hertzliebe Louisse, vergangenen dinstag habe ich Ewer liebes schreiben vom 12 dießes monts zu recht entpfangen; bin fro, daß meine schreiben so woll überkommen undt Eüch in so gutter [444] geselschafft gefunden haben. Ihr habt woll gethan, liebe Louisse, Eüch ein wenig ruhe zu schaffen; taglich undt stündtlich leütte zu haben, ambarassirt unerhört; 2 tag dieße qual in der woch zu haben, ist woll genung. Zu meiner zeit war man nicht so delicat zu Hannover, contrari, man lebte frey undt formalisirte sich nicht; alles muß sehr geendert sein, so woll alß daß schloß, welches ich nicht mehr würde kenen können. Ich habe einen Englander hir gekandt, so auch Lincon hir.[1] Ich weiß nicht, ob es derselbe ist, so nun zu Hannover. Er kam gar offt zu mir. Wendt fragt ihn einmahl: Estes vous catholique? Non, monsieur! sagte Lincon. Lutherien? Encore moins, antwortete er. Vous estes dont reformé, sagte Wendt. Point du tout, monsieur! sagte Lincon. Mais qu’estes vous donc? sagte Wendt. Je m’en vay vous dire, monsir, j’ay vn petit religion apart moy, qui n’est rien de tout cela, wolte aber seinen glauben nicht kundt thun. Umb wie hir zu sprechen, konte man selbigen tag zu Eüch sagen: Madame, vous aves vne grosse cour. Daß café ist nicht so nöhtig vor pfarer, alß catholische prister, so nicht heürahten dorffen; den es solle keüsch machen. Mich deücht, die reformirte pfarherrn bringen nicht viel zu lachen, seindt gar stämich. Die geschwulst hatt sehr von meinem fuß abgenohmen, allein ich kan die stiege noch weder auff noch ab gehen undt es ist mir noch, wen ich eine stige herunder gehen will, alß wen ich spereyßen ahn hette; den es drückt mich hinder die hacke undt in beyden knocheln deß fuß. Mein husten ist, gott sey danck, lengst verbey. Ich thue alle tag von monsieur d’Altovitis ohl ahn meinem fuß; daß sterckt zwar, es kan aber die verenckte ader nicht wider ahn den rechten platz setzen. Ich findt die feldtscherer nicht so geschickt, alß man mir gesagt, daß sie wehrn. Alles, waß ich gebraucht, ist nichts gefahrliches, alß zum exempel de pomade d’Iverne, warmen wein, worin rotte roßen gekocht undt etliche kreütter, saltz mitt waßer undt nun diß ohl; daß ist alles, waß man mir gebraucht hatt. Gott seye danck, daß unßere liebe churfürstin weder zahn- noch kopffwehe mehr hatt, undt erhalte I. L. lange jahren gesundt! Ich kan weder caffé, thé noch chocolatte drincken. Ich bin auch fro, daß Ihr, liebe Louisse, wider woll seydt. Daß ist ma tante waß neües, [445] schlafferig zu sein; daß habe ich nie gesehen, were mir auch angst dabey worden. Gott sey danck, daß es woll abgegangen ist! Monsieur Imhoff kene ich woll, habe ich hir gesehen, wo er envoyes von seinen hertzog war; kame mir sehr fein fohr. Die zwey heüßer konten nicht beßer thun, alß sich mitt einander wider zu vergleichen. Ich habe noch 5 große brieff zu schreiben undt es schlecht 6, muß also enden undt nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch allezeit recht lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. Februar 1706 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 443–445
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0297.html
Änderungsstand:
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