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Brief vom 15. April 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


307.


[455]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 15 Aprillis 1706.
Hertzliebe Louisse, vergangen dinstag habe ich erst Ewer liebes schreiben vom 31 Mertz entpfangen; die posten gehen unerhört übel. Ich bin so ahn alles verdrießliche hir gewohnt, daß ich nicht einmahl dran gedenck, daß man meine brieffe list; auch [456] comantaire drauff weiß ich gar woll, aber ich dencke alß ahn waß in meinem schreibbuch stundt undt ich so manchmahl abschreiben müßen, wie ich noch jung war:
Waß nicht zu endern stehet,
Laß gehen, wie es gehet!
Aber wen man mir ma tante paquet zu lang auffhelt, werde ich doch böß undt sage die warheit dichte. Ich habe nie gefragt, ob schreiben erlaubt oder verbotten ist, immer hin geschriben. Altoviti ist gar heßlich, daß ist war; er ist aber so gar ein gutter ehrlicher mensch, daß sein guttes gemühte ihn ahngenehm macht. Er hatt sich in Flandern geheüraht, lebt nun in seiner famille zu Florentz, hatt sich von hoff retirirt undt lebt in einer großen gottsfurcht, gibt, waß er hatt, den armen. Mein fuß geschwilt noch alle nacht, jedoch so thut er mir nicht mehr wehe undt gehe wie ordinarie. Es ist nie kein rohtlauffen dazu kommen, daß hab ich mein leben nicht gehabt. Ich habe, gott lob, schon lengst keinen husten mehr. Man hüdt die kammer nirgendts, umb heyßer zu sprechen. Ich weiß nicht, ob der samet hir leichter ist, alß in Teütschlandt; allein den ich getragen, der war nicht schwerer, alß ein drap de St Maur. Wir haben 15 tag das schönste wetter von der weldt gehabt, nun aber wirdts wider kalt. Ich habe meine winterkleyder noch nicht abgelegt undt bekompt mir woll. Es geht mir wie unßere liebe churfürstin, ich kan keine schwere kleyder tragen. Ich glaube, daß ma tante nicht übel gefunden, das Ihr vor sie in die kirch seydt; aber es schlegt alleweill 5 undt Ewer lieber briff ist beantwortet. Ich habe noch 3 große brieff zu beantworten; werde derowegen vor dießmahl nichts mehr sagen, alß daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 15. April 1706 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 455–456
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0307.html
Änderungsstand:
Tintenfass