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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Paris.[1]
Marly den 24 Juni 1706.
Hertzliebe Louisse, eines von den schreibtäffelger habe ich zu
recht entpfangen, dancke sehr davor; sie kommen mir gar woll zu
paß. Es wundert mich, daß Ihr Eüch papa s. tabletten nicht mehr
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erinert, die allezeit auff der hohen taffel lagen, wo I. G. s.
auffschrieben, gantz stehent. Wen ichs im sack tragen wolte, würde
ich es so zu recht machen laßen, wie jene; aber in den schräncken
ist es nicht nöhtig. Mein ruhiges leben wirdt nun baldt in großen
sorgen verwandelt werden; den mein sohn geht über 8 tagen nach
Ittallien, alwo er die armée comandiren wirdt. Monsieur de
Vandosme wirdt die Flanderische comandiren unter Churbayern, mein
sohn wirdt den marechal de Villars unter sich haben. I. L. der
churfürst muß sparsam sein undt die unkosten scheüen, daß er
nichts lustigs ahnstehlt wegen der victorie, so man Ewerer seydt
erhalten. Wie kompts, daß man die ceremonie von englischen
ordre auff zwey unterschiedliche tage hält? Es konte ja woll in
einem geschehen. Ma tante hatt mir den mylord Halifax auch über
die maßen gelobt. Ich bin fro, daß mein gruß dem elsten herrn
von Degenfelt nicht unahngenehm geweßen. Es ist heütte so eine
abscheüliche hitze, daß einer schmeltzen mögt; es ist mir so heiß,
daß ich im wehrenden schreiben entschlaffen bin. Ich glaub, es
wirdt ein wetter kommen. Adieu, liebe Louisse! Ich muß bey
dießem wetter noch 4 brieff schreiben, kan Eüch also vor dießmahl
nichts mehr sagen, hertzliebe Louise, alß daß ich Eüch allezeit von
hertzen lieb behalte.