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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 8 Julli 1706.
Hertzliebe Louise, vergangen sambstag, ehe ich von Marly,
habe ich Eweren lieben brieff von 22 Juni entpfangen. Es ist
zwar war, daß ma tante, die fraw churfürstin, mir von der
verlobnuß geschrieben; allein ich höre so gern von dieß alles, daß es
mir gar nicht leydt sein kan, daß Ihr mir auch davon sprecht; den
waß eines von den umbständen vergist, behält daß ander. Ich
höre viel gutts von brautt undt breüdigam. Gestern habe ich der
princes contrefait entpfangen; finde, daß I. L. viel ahn dero herrn
vattern gleichen, wie I. L. der churfürst vor den kinderblattern
wahren, undt die churprintzes gleicht viel ahn ihren artigen oncle s.,
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den printzen von Eyßennach. Es ist woll naturlich, daß Ihr
Eüch über der printzes glück freudt, weillen Ihr I. L. lieb habt.
Alles, waß mir ma tante von ihrem enckel, dem cronprintz,
verzehlt, gefelt mir recht woll. Wolte gott, ihr ander enckel were
auch so raisonabel undt von guttem gemüht! Ma tante schreibt
mir auch gar viel guts von generalmajor Funck. Graff Caunitz
kene ich gar woll; er hatt gutten verstandt undt weiß woll zu
leben. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt
behalte Eüch allezeit lieb.