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Brief vom 29. Juli 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


321.


[469]
Marly den 29 Julli 1706.
Hertzliebe Amelise, vergangen sontag habe ich zwar Ewer schreiben vom 13 entpfangen; aber Ihr wist woll, daß es mir nicht möglich ist, selbigen tag zu andtwortten, undt daß ich es alß auff donnerstag versparen muß. Wie ich sehe, so preparirt Ihr Eüch recht meine ambassadrice agiren. Wie ich auß ma tante gnädiges schreiben vergangen sontag gesehen, so ist der hoff undt churfürst mitt seiner sequelle nun wider zu Hannover. Es ist mir bang vor den chronprintzen; den es geschicht offt, daß die die armée sehen gehen, waß übels davon tragen. Der könig in Preüssen sucht alles herfor, waß möglich, umb mehr ceremonien zu haben. Daß kan ich woll nicht begreiffen; den wie Ihr woll wist, so bin ich der ceremonien erbfeindt. Daß ist aber kein wunder, daß man bey ein königlich beylager en robe sein wirdt; es were recht ridiculle anderst undt solte man meinen, es wehren nur cammermagte, so sich heürahten. Den der churfürst oder ma tante herschicken wollen, [470] ist noch nicht ahnkommen. Ich habe ma tante unterdeßen einen unterrock gewehlt, so nicht heßlich ist, naturliche blummen mitt golte feston auff einen schwartzen grundt. Die teütschen figuren seindt nicht anderst, alß die frantzoschen; den man tregt ja keine andere tracht in Teütschlandt, alß hir. Ich muß lachen, daß Ihr meinen sohn noch den duc de Chartre heist; so heist man jetzt seinen sohn, meinen enckel, undt mein sohn heist le duc d’Orleans. Dancke Eüch, liebe Amelisse, mir glück zu wünschen, wie auch vor alles guts, so Ihr ihm wünscht, welches gott der almächtige erhören wolle. Es war meinem sohn recht leydt, wie er vernohmen, daß mein vetter, der junge landtgraff, auch in Ittallien würde. Es ist possirlich, daß die Heßen Ittallien so fürchten; aber in Teütschlandt seindt die catholischen viel abergläubischer, alß in Ittallien selber. Ich fürchte, liebe Amelisse, daß wir einander nirgendts mehr sehen werden, alß im thal Josaphat; die abweßenheit wirdt aber nicht verhindern, daß ich Eüch recht lieb behalte.
P. S.
Ich habe ein brieff von Louisse dießen abendt bekomen, kan ihn aber heütte nicht beantworten; den ich muß zur königin in Engellandt, so her kompt.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 29. Juli 1706 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 469–470
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0321.html
Änderungsstand:
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