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A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Marly den 19 Augusti 1706.
Hertzliebe Amelise, gestern habe ich Ewern lieben brieff vom
9 August entpfangen. Ihr habt unrecht, zu wartten mitt dem
schreiben; den wen Ewere brieff mir ungemach, wolte ich Eüch
recht teütsch herauß gestehen; den ich weiß ja woll, daß Ihr mir
deßwegen nicht schreibt. Ich dancke Eüch, liebe Amelise, vor die
getruckte vers; sie haben mich lachen machen undt werdt mir
gefahlen thun, mir dergleichen possen mehr zu schicken. Ich bitte,
sagt doch ahn Louisen, daß es mir recht leydt ist, daß sie kranck,
undt schreibt mir doch alle posten, wie es mitt ihr ist! Viel leütte
werden nun kranck. Die arme fraw von Rotzenhaussen hatt auch
seyder sontag ein starck fieber mitt halßwehe bekommen; montag
hatt man ihr zur ader gelaßen, nun ist sie wider beßer undt ist
da wieder bey mir. Ich dachte nicht, daß der churfürst von
Braunsweig so lustig sein könte. Ich habe offt war genohmen, daß, wen
alte leütte, wie madame Bellemont, ins raßen undt in die lust
kommen, seindt sie ärger, alß junge leütte. Deß envoyes von
Engellandts fraw ist madame Bellemonts stiefftochter, solten also gutt
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freündt mitt einander sein; die Engellander aber können einander
nie leyden, daß sehn wir ahn dem englischen hoff zu St Germain,
da seindt sie alle wie die hundt undt katzen gegen einander. Ma
tante wirdt sehr parirt scheinen, in so langer zeit kein golt
getragen zu haben, alß nun bey dießem beylager. Gott gebe, daß sie
noch bey dießer printzes kinder hochzeit sein mag! Es muß le sort
de nostre sang sein, allezeit scheff coeffirt zu sein; den unter
hundert tagen bin ich 99 scheff undt frag eben so wenig darnach,
alß Ihr, ob ich zwar nicht so gottsfürchtig bin. Hiemitt ist Ewer
schreiben völlig beantwort; sage derowegen nichts mehr, alß daß
ich Eüch von hertzen lieb behalte.