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Brief vom 26. August 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


325.


[473]

A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Hanover.

Versaille den 26 Augusti 1706.
Hertzliebe Amelise, vergangen sontag habe ich Ewern lieben brieff vom 13 August zu recht entpfangen; aber Ihr wist woll, daß ich sontags nicht andtwortten [kann] undt letzten sontag weniger, alß nie; den wir hatten den gantzen englischen hoff zu Marly, mitt welchen wir spatziren gehen musten, undt sie aßen auch zu Marly zu nacht; hatte also wenig zeit vor mich. Ich bin recht fro, daß Louise daß fieber nicht mehr hatt; wünsche, daß sie baldt wider in volkommener gesundtheit sein mögen. Dar ist nicht vor zu sorgen, Ewere schreiben können mir keinen schaden bringen. Es ist viel gewohnheit im schreiben; wen mans einmahl gewohnt ist, kan man viel schreiben, ohne ungelegenheit davon zu haben; große mühe habe ich eben nicht; den ich schreibe nie nichts, so schwer ist undt viel nachsinnens braucht. Ma tante hatt einen so lebhafften geist, daß I. L. alles leicht vorkompt; solche vivacitet da komme ich bey weittem nicht bey. Im bett könte ich ohnmoglich schreiben, ich schlieff gleich drüber ein. Ich habe nie von dem philosophen Spinosa gehört. War es ein Spanier? Den mich deücht, der nahm ist spanisch. Daß ist woll gewiß, daß der churfürst von Braunsweig selten freündtlich ist; wundert mich recht, daß I. L. Louisen besucht haben. Er will sich vielleicht corigiren, [474] welches woll gethan were. Es ist meine schuldt nicht, daß die sachen von Paris nicht zu rechter zeit undt zu spät nach Hannover kommen werden. Schultes ist zu spat komen, derselbe ißt ein grober gesel; man sicht ahn seinen maniren woll, daß er ein laquay geweßen. Er hatt eine cousturiere, so eine von den besten von Paris ist undt welcher ich gesagt, daß sie zu ihm gehen solte, die manteaux zu machen, bey den axellen auß seinem hauß gejagt, undt wie sie ihm gesagt, sie käme auß mein ordre, hatt er geantwortet: Je n’ay point d’ordre a recevoir ici ny a obeir a personne. Ich habe ma tante den brieff geschickt von der cousturiere ihre klagen. Ich hette gern, daß ma tante nach Braunsweig ginge in die meß; den daß würde I. L. divertiren; allein ma tante schreibt mir, daß der hertzog von Braunsweig ins Schlangenbadt reißen wirdt; daß mögte dieße lust verhindern. Adieu, liebe Amelise! Ambrassirt Louisse meinetwegen undt seidt versichert, daß ich Eüch beyde von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 26. August 1706 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 473–474
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0325.html
Änderungsstand:
Tintenfass