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Brief vom 16. September 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


328.


[477]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hernhaussen.

Versaille den 16 September 1706.
Hertzliebe Louisse, freyllich hatt mir Amelise geschriben, waß ihr der könig in Preussen geantwortet hatt. Sie war damahlen gar lustig; den sie hatt mir damahlen viel vexirerey geschrieben, wo ich eine andere zeit auff selbigen thun[1] würde geantwortet haben; aber seyder vorgestern habe ich alle lust zu lachen undt vexiren verlohren, indem ich die betrübte zeittung bekommen, daß man meines sohns raht nicht hatt folgen wollen undt haben sich in den linien forciren laßen. Mein sohn hatt zwey große wunden davon getragen, eine ins dicke fleisch an den hüfften undt ein andern musquettenschuß in dem lincken arm biß auff den knochen; doch ohne denselben zu zerschmettern. Der balbirer versichert, daß gar keine gefahr dabey ist. Gott gebe es! Ich dancke Eüch, liebe Louisse, mein compliment bey I. L. dem cronprintz abgelegt zu haben. Alle, die dießen printzen sehen, loben I. L. über die maßen. Es ist mir recht lieb, daß Ihr wider gesundt seydt; glaube, daß Ihr beßer thun werdt, liebe Louisse, außzugehen, alß der cammer zu hütten. Die kräfften komen ehr wider, wen man in die lufft geht, alß wen man einsitzt. Ich habe ahn ma tante geschrieben, worumb Schultes so plump geweßen undt wie man ihn erdapt hatt. Niemandts weiß beßer zu leben undt hatt mehr politesse, alß monsieur Göritz; glaube also, daß er Schultes plumbe maniren nicht aprobiren wirdt. Waß mich ahm meisten dran verdrist, ist, daß ich der braut nicht habe nach ma tante befehl dinnen können. Hette er gebracht, waß ich geschickt, were sie gewiß beßer gebutzt geweßen. Ich kan nicht vertragen, daß der könig in Poln so vindicatif ist undt seinem so nahen vettern nicht verzeyen will. Ma tante schreibt, die churfürstin von Saxsen werde nach Magdeburg gezogen, die königin aber in Saxsen blieben. Adieu, liebe Louisse! Ich werde ahn Amelisse schreiben undt auff zwey von ihren brieffen andtworten, habe noch über daß 4 brieff zu schreiben; den man accablirt mich mitt brieffen wegen meines [478] sohns unglück. Adieu, liebe Louisse! Ich ambrassire Eüch von hertzen undt in leydt so woll alß in lust behalte behalte ich Eüch von hertzen lieb.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 16. September 1706 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 477–478
Onlinetext URL: http://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0328.html
Änderungsstand:
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