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Brief vom 7. Oktober 1706

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


331.


[479]

A mad. Amelie Elisabeth, raugraffin zu Pfaltz, a Hanover.

Versaille den 7 October 1706.
Hertzlieb Amelisse, ich habe seyder vergangen sontag 2 liebe brieff von Eüch entpfangen, vom 23 undt 28 October, will bey dem frischten ahnfangen. Es ware nicht nöhtig, umb verzeyung zu bitten; den ich war gar nicht offendirt über waß Ihr mir geschrieben; contrarie, Ihr habt mir hirin mehr ehre gethan, alß ich meritire, undt ich habe Ewer motif zu woll gesehen, liebe Amelisse, [480] umb böß drüber zu werden; contrarie, ich bin Eüch davor obligirt. Meines sohns wunde ist so gefährlich geweßen, daß er beym haar dran gestorben wehre. Er wirdt nicht wider kommen, sondern so baldt möglich wider zu felt gehen undt in Ittallien einbrechen. Ey, liebe Amelisse, worumb sagt Ihr mitt urlaub, die füße? Daß sagen nur die burgersleütte. Ich were eben nicht sonderlich verwundert, wen Ihr daß potegram hettet; den viel gar erbare personnen habens hir; die dame d’honneur von der duchesse de Bourgogne hatt es so starck, daß sie nicht auß der cammer gehen kan; also segt Ihr woll, daß, wan Ihr es hettet, daß es keine entschuldigung bedarff. Madame de Guisse hatte es auch, die gar eine gotsfürchtige frome fürstin war; wünsche, daß Ihr Eüch woll auff dem beylager divertiren mögt. Ma tante habe ich außführlich bericht, wie höfflich sich Schultes bey mir gestehlt. Er leügt abscheülich, wen er sagt, daß man ihm alte stoff hatt auffdringen wollen. Glaubt mir! es ist kein wordt dran war. Nichts hatt mich dran verdroßen, alß der braudt nicht nach ma tante befehl zu dinnen; den den flegel habe meine meinung gesagt, wie er es meritirt. Meines sohns wunde in der seydt ist klein, aber die ahm arm ist großer, alß eine handt, undt wirdt ahn zwey finger lahm bleiben. Mein sohn kompt leyder nicht wieder. Mein vetter, der landtgraff, hatt auch groß lob in seinem unglück erworben. Hiemitt seindt Ewere beyde brieff beantwort; bleibt mir nichts mehr überig zu sagen, alß daß ich Eüch, liebe Amelise, von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. Oktober 1706 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 1 (1867), S. 479–480
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d01b0331.html
Änderungsstand:
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