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Brief vom 7. Juli 1707

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


367.


[027]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.

Versaille den 7 Julli 1707.
Hertzliebe Louisse, ich habe schir banqueroutte mitt brieffen [028] gemacht undt Eüch undt Louisse[1] in so langer zeit nicht recht geschrieben, daß ich nicht weiß schir, wobey ich ahnfangen solle; den Eüch zu verzehlen, liebe Louisse, alle verhindernüße, so mir zugestoßen, daß müste ein groß buch geben. Aber seydt mir versichert, daß es mir recht leydt allemahl geweßen, wen ich verhindert worden bin! Den ich schreibe Eüch beyde gern undt finde Ewer commerse, amitié a part, recht ahngenehm, würde es also erhalten, wen ich Eüch gleich nicht so lieb hette, alß ich habe. Seydt den versichert, liebe Louisse, daß ich hinfüro durch fleißiges schreiben Eüch dieße letzte interuption vergeßen machen [werde]! Den ich will meine zeit so menagiren, daß ich alß ein stündtgen vor Eüch behalten möge. Dieße letzte 8 tag da hatt mich ein starcker husten von schreiben abgehalten, welcher auch ursach ist, daß ich noch nicht mitt dem hoff zu Marly bin, wo sie alle vergangen dinstag hin sein. Es ist mir aber nun wider beßer undt huste deß nachts nicht mehr. Dießer husten ist mir gekommen, weillen vergangen mittwog, alß gestern 8 tag, eine solche erschreckliche hitze in der capel war, daß ich schwitzte, alß wen man mich in ein waßer geworfen. Im heraußgehen sprach der könig mitt jemandts undt bliebe stehen, ich muste auch stehen bleiben undt bekame just ein offen fenster hinter mir; da kam ein kühler nordtwindt, der bließ mich ahn, da schlug der schweiß ein undt ich fing gleich ahn, zu nießen undt zu husten, bekame den husten sehr starck. Es ist aber auch woll einmahl zeit, daß ich auff Ewern lieben brieff vom 17 Juni komme, welcher, wie ich glaube, der letzte ist, so ich von Eüch entpfangen habe. Man muß die warheit bekenen, die Teütschen haben es nicht schön gemacht; sie müßen die sach hart ahnfangen, wo sie ihre ehre ersetzen wollen. Mich deücht, weillen der margraff von Bareydt so kräncklich ist, hatte man eine schönne außrede, einen andern general zu wehlen, ohne daß er es übel finden könte. Weillen dießes margraffen ahnschleg läch[er]lich sein, hettet Ihr, liebe Louisse, sie mir woll schreiben sollen; den ich habe daß lachen hoch von nöhten. Mich deücht, daß es eine große schande vor den hertzog von Wirttenberg[2] ist, sein landt nicht beßer zu beschützen. Vor Eüch werde ich ahn monsieur le marechal de Villars schreiben wegen Ewer gütter und der degenfeltischen auch.
[029] Ma tante, madame l’abbesse de Maubuisson, befindt sich noch woll, gott lob! Ich hoffe, biß zu künfftigen mittwog I. L. eine vissitte zu geben, undt [werde] Eüch hernach berichten, wie ich sie gefunden. Es wirdt mir woll hertzlich leydt [thun], wen wir dieße liebe princessin verliehren solten; den sie hatt woll einen ahngenehmen verstandt undt allezeit lustig, radotirt gantz undt gar nicht. Gott sey ewig danck, daß ma tante, die fraw churfürstin, dero alter nicht entpfindt, undt erhalte sie noch lange jahren dabey! Es ist ein Teütscher (der könig meint, daß er ein Pfältzer ist) in die invaliden, der ist hundert undt 9 jahr alt undt hatt eine dochter von 22 jahren. Ich wolte, daß ma tante, die fraw churfürstin, auffs wenigst diß alter erreichen mag. Den cardinal d’Arquien habe ich gar woll gekent, ist lang in Monsieur s. dinsten geweßen.
Ma tante schreibt mir von kein ander geschäfft, so der pere Vota zu Hernhaussen hatt, alß I. L. zu entreteniren undt zu divertiren. Disputtiren ist, wie ich glaube, artiger zu hören, alß zu thun.
Ich werde mich informiren, ob ich waß vor den Gueneaud[3] werde thun können, undt wo es möglich, werde ich es thun.
Wie ich heütte ahn taffel saß, entpfing ich ma tante paquet sambt Ewern lieben brieff vom 28 Juni, worauff ich heütte gleich andtwortten werde, damitt es mir nicht wie vor etlich zeit gehen möge. Es nahm mir gar frembt, den St-Johanes-tag zu feyeren sehen; den da hatte ich zu meiner zeit nichts von gehört, alles endert in der welt. Alle ehrliche leütte thun ihre schuldigkeit woll. Es muß Eüch doch gefahlen, jemandts so bekandtes zu Hannover zu haben, wie deß pfarers weib ist.
Ewer schwager hatt so einen jalousen humor, daß daß vielleicht verhindert, daß er sich nicht resolviren kan, seine döchter zu verheürahten. Ich wünsche ihnen alles glück undt daß Ihr viel vergnügen ahn ihnen erleben möget. Ihr habt vergeßen, mir Eweres schwagers compliment zu machen; bitte, Ihr wolt ihn doch sehr meinetwegen davor dancken. Wen mein sohn alles hette haben können, waß ihm von nohten, hette man mehr von ihm gehört, aber in Spanien seindt alle ahnstehndt[4] schlegt. Gott gebe unß einen gutten frieden! Ich führe zu allen zeitten ein recht einsidtlers-leben, [030] würde mich also gar woll im closter zu Hernhaussen schicken. Mich deücht, es were hertzog Ernst August repettirlicher, bey seiner fraw mutter zu sein undt dern suchen die [zeit] zu verdreiben, alß seinen herrn bruder wie ein waßerhündtgen auff dem fuß zu folgen. Ich glaube nicht, daß, wen der nacht-tau felt, daß es gesundt zu spatziren ist. Gott seye danck, daß es ma tante nichts schadt! Ich erinere mich gar nicht mehr, daß Jasmin Carllutz bestohlen hatte; aber Carllutz hatt mir alß in general gesagt: Er taugt nicht. Hirmitt, liebe Louisse, seindt Ewer zwey letzte schreiben durchauß beantwortet, auch einmahl zeit, daß ich dieße lange epistel schließe undt Eüch nur versichere, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 7. Juli 1707 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 27–30
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0367.html
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