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Versaille den 7 Julli 1707.
Hertzliebe Amelisse, ich habe Eüch in ewiger langer zeit nicht
geschrieben, es ist aber meine schuldt nicht geweßen. Weillen ich
heütte schon viel geschrieben, werde ich nur auff Ewer letztes
liebes briffgen andtwortten vom 21 Juni. Ich bin fro, daß Eüch die
lufft so woll zu Hernhaussen zuschlegt; daß wirdt Eüch gantz wider
zu recht bringen. Wir haben gar lang daß schönste, aber
abscheülich heiß wetter gehabt; seyder 3 tagen her aber thut es nichts,
alß wehen undt regnen. Ich habe einen braffen husten, drumb bin
ich nicht mitt nach Marly; es wirdt mir aber alle tag beßer, hoffe
also, biß sontag hinzufahren. Nichts ist ungesunder, alß
unbeständig wetter. Die kunst, allein zu sein, habe ich braff gefunden.
Man muß morgendts umb 4 spatzirn gehen, so wirdt man nicht
gedrenckt; wenn man im spatziren weg laufft, meinen die, so kommen,
es sey ein spielwerck undt lauffen nach. Eine kalte reception undt
hoffliche reverentz, glaube ich, würde mehr helffen, allein zu sein
können. Es ist mir leydt, daß ma tante nicht mitt nach Pirmont
geht; den daß reißen bekompt I. L. allezeit woll undt gibt
verenderung, den bey den sawerbrunen sicht man allerhandt art leütte.
Der verstandt lest sich nicht zwingen; waß nicht naturlich ist,
haperts, derowegen thet mein gutt göttgen, die Kielmanseck, beßer,
es bey dem nechsten bewendt zu laßen; aber wen nur alles ma
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tante divertirt, ist es schon gutt. Ich will übermorgen ahn marechal
de Villar vor Eüch schreiben. Von der abtey von Jacque habe ich
mein leben nichts gehört. Waß ist die abtißen vor eine, die so
noble sentiementen hatt, einen laquayen zu heürahten? Ich weiß
nichts neües in meiner einsambkeit. Es schlegt 7 undt ich muß
noch, ehe ich zu nacht eße, 4 brieff schreiben; der Ewerige ist nun
völlig beantwortet. Hertzliebe Amellisse, ich wünsche Eüch eine
glückseelige nacht undt versichere Eüch, daß ich Eüch allezeit recht
lieb behalte.