[044]
A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Fontainebleau den 19 October 1707.
Hertzliebe Louisse, ich habe Eüch in ewiger zeit nicht
geschrieben, noch ahn Amelisse; den es [ist] mir ohnmöglich geweßen
die 14 tag über, so der englische hoff hir geweßen. Seyder sie
wider weg, hatt sich auch alß waß zugetragen, so mich ahn schreiben
verhindert. Nun habe ich woll zeit, weill ich die cammer halte
undt weder auff die jagt gehe, noch ins apartement; den ich habe
den abscheüligsten husten undt schnupen, so ich mein leben gehabt,
thue nichts, alß nießen, butzen undt husten. Es ist die große mode
hir, vielle haben daß fieber starck dabey, ich aber, gott lob, doch
noch nicht, aber ein wenig kopffwehe; drumb werde ich Eüch nicht
so lang schreiben können, alß ich gerne wolte. So baldt ich von
ma tante undt Amelise erfahren, waß vor ein accident Eüch auff
den augglieder gefahlen, habe ich gleich ahn den gar gutten
augendockter monsieur Gendron geschrieben undt raht bey ihm gefragt;
der hatt mir die zwey bouteillen mitt essentz geschickt undt dabey
geschrieben, waß zu thun ist. Er hatt mir bey[de] augen in den
kinderblattern salvirt. Es ist kein beßerer occulist in der welt; Ihr
könt kecklich brauchen, waß ich Eüch hir schicke, undt mitt dem
scharlach thun, wie er Eüch raht undt ich geschrieben. Mein kopff
thut mir zu wehe, umb etwaß anderst mehr zu sagen, alß daß ich
wünsche, daß Eüch dieße remedien woll bekommen mögen undt so
woll, alß waß Gendron mir gebraucht. Er hatt auch Churbayren
geheylt undt taußendt andere. Adieu! Ich ambrassire Eüch von
[045]
hertzen undt behalte Eüch allezeit lieb. Sagt ahn Amelisse, ich
hoffe biß sambstag beßer zu sein, werde ihr alßden eine lange
espistel schreiben; heütte kan ich es ohnmöglich, der kopff thut mir
gar zu wehe.