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Brief vom 12. Januar 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


390.


[050]
Versaille den 12 Januari 1708.[1]
Hertzliebe Amelise, es ist schon woll 10 oder 12 tag, daß ich Ewer schreiben von 10 December entpfangen, aber ohnmoglich eher, alß nun, beantworten können; den wegen daß neüe jahr, wie auch wegen meines sohns ahnkunfft habe ich alle tag so viel leütte gehabt, daß ich Eüch ohnmöglich habe auff Ewer liebe schreiben andtwortten können, aber mitt allem dem gethun so seydt doch versichert, liebe Amelise, daß mir Ewere schreiben allezeit ahngenehm sein undt daß ich so offt andtworten werde, alß es mir immer moglich sein wirdt! Mein gott, wie halt ich Eüch so vor glücklich, hin zu reißen können, wo Ihr nur hin wolt! Nichts thue ich lieber, alß reißen. Seydt versichert, daß mir zu schreiben, recht woll gethan ist, undt habt hirüber gar keinen scrupel! Daß ist alber in Teütschlandt, daß man verbiedt, zu schreiben. Weder Ihr noch ich mischen unß ja in keine stadtssachen. Worumb solten wir den einander nicht schreiben? Wer hatt den die alber possen auffgebracht, so in den vorigen kriegen nie geweßen ist? Ma tante [051] werde ich dießen brieff schicken, damitt Ihr ihn sicher bekommen mögt. Ihr habt ja in den bößen wegen nicht umbgeworffen. Es hatt mich recht in der seelen gefrewet, daß Ihr sagt, daß das gutte ehrliche Heidelberg wider so woll gebawet ist. Gott wolle es vor ferner unglück bewahren! Aber seydt monsieur de Louvois todt, brent undt sengt man nicht mehr wie zu seiner zeit, hoffe also, daß es nicht mehr wirdt gebrendt werden. Ich bitte, schreibt mir, wo Ihr logirt undt in welcher gaß Ihr wondt! Ich mögte auch wißen, ob die heylige-geist-kirch undt die Neckerbrück wider gebawet sein. Warumb lest der churfürst daß schloß nicht wider zu recht machen? Es ist ja woll der mühe werdt. Heydelberg hatt eine gutte lufft, aber sie ist beßer im schloß, alß in der statt. Ich wünsche, daß Ihr Ewere sachen baldt richtig mögt machen. Wo ist aber der pfaltzische hoff nun? Seindt sie zu Heydelberg oder nicht? undt wohnt der churfürst den nicht im schloß, wen er dort ist? In der statt ist ja kein lossement. Schreibt ahn fraw von Degenfelt, daß sie ihren sohn herschicken kan! Ich werde seine hoffmeisterin sein undt vor ihn sorgen. Schreibt, ob sie einen paß haben will! Den ohne paß kan er nicht herrein. Es muß auch specifirt sein, wie viel leütte er mittbringt. Schreibt mir diß alles! so werde ich Eüch einen paß schicken. Ma tante schreibt, daß Louisse resolvirt, ein fontenelle ahm arm zu setzen; daß ist mir leydt, den es ist eine schlime, unsaubere sach undt gefahrlich dabey undt hilfft zu nichts. Ihr sagt nicht, ob sie die 2 bouteillen vom dockter Gendron haben will, jedoch so schicke ich sie hirbey. Sie muß ahn kein schreiben dencken, so lang ihre augen nicht heyll sein. Ambrassirt sie von hertzen von meinetwegen undt sagt ihr, daß es mir von hertzen leydt ist, daß sie noch nicht heyll ist! Undt weillen diß daß erste mahl in dießem jahr ist, daß ich Eüch schreibe, so muß ich nach guttem alten Heydelberger brauch ein glückseeliges neües jahr wünschen sambt volkommener gesundtheit, langes leben undt alles, waß Ihr undt Louisse Eüch selbsten wünschen undt begehren möget, undt versichere Eüch beyde, daß ich Eüch nicht weniger lieb in dießem, alß alle andere jahre meines lebens, behalten werde.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 12. Januar 1708 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 50–51
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0390.html
Änderungsstand:
Tintenfass