Seitenbanner

Brief vom 31. März 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Amalie Elisabeth zu Pfalz


391.


[052]

A mad. Amelie Elisabeth, raugräffin zu Pfaltz, a Heydelberg.

Versaille den 31 Mertz 1708.
Hertzlieb Amelise, seyder Ihr in dem lieben Heydelberg seydt, habe ich 5 brieff von Eüch bekommen, alß nehmblich vom 20 undt 24 December 1707, vom 3 undt 14 Februari undt den letzten vor 3 tagen vom 21 dießes monts. Auff die zwey ersten gestehe ich, daß ich eher hette andtwortten können; allein es war eben, wie mein armer sohn ahnkam, habe ein wenig mitt ihm blauttern müßen, er ist kein 6 wochen hir geblieben. Daß ich aber auff die zwey vom Februari nicht geantwortet habe, war wahrlich meine schuldt nicht. Den 13 Februari hatt mich ein starck dreytegiges fieber ahngestoßen, habe nur 3 acces, aber starck und lang gehabt, hernach 8 tag daß continuirliche fieber mitt einem fluß auff der brust, eine schlaffsucht mitt mouve[me]nten von gichter, wen ich wider erwacht, undt so ein boßen pulß, daß man alle augenblick meines endts erwart, den mundt undt halß voller ulceren; habe in 3 wochen kein ontzen fleisch noch brodt geßen. In 4 tag zeit hatt man mir zwey mahl gar starck zur ader gelaßen, 2 medecinen geben undt 3 clistir purgatifs, welches mich dermaßen abgemat, daß ich ohne ahn ma tante, die fraw churfürstin, ahn niemandts habe schreiben können. Mein kopff ist so schwach geworden, daß ich noch 14 tag geweßen, ohne leyden zu können, daß man lautt bey mir gesprochen. Außer den könig undt daß königliche hauß habe ich niemandts gesehen; wen ich nur 4 wordt gesprochen, threhete mir der kopff wie ein voll mensch; habe hernach noch 3 acces vom 3tagigen fieber wider bekommen undt zu gutter letzt einen abscheülichen husten undt schnupen; bin in 8 wochen nur 2mahl auß der cammer kommen. Nun erholle ich mich ein wenig wider. Vor etlichen tagen habe ich Ewern lieben brieff vom 21 entpfangen. Wofern Ihr dießen brieff richtig entpfangt, werde ich hinfüro fleyßicher schreiben; den ich bin nun wider gesundt, wie woll noch schwach auff den beinen. Durch waß ich schon gesagt von den brieffen, so ich von Eüch entpfangen, werdet Ihr ersehen, ob ich alle die Ewerigen entpfangen habe oder nicht. Es ist mir leydt, daß Louisse augen nicht beßer werden undt daß die hoffcammer zu Heydelberg so deraisonabel [053] mitt Eüch umbgeht. Ich wolte, daß ich churfürst were, so stunden Ewere sachen in einem beßern standt undt die meinen auch. Ich forchte, Ihr werdt meinen, liebe Amelisse, daß ich noch von meiner gehabten kranckheit extravagire. Es wundert mich nicht, daß Ihr ongedultig wehret; bin doch fro, daß Ihr noch ahngenehme leütte findt, die Eüch die zeit vertreiben. Von die graffen von Efferen habe ich mein leben nichts gehört. Man rufft mich, ich muß wider meinen willen schließen. Mein gott, wie leicht glaube ich, daß es ahngenehm zu Heydelberg ist! Were ich mein eygen herr undt meister, würdet Ihr mich auch baldt dort sehen undt ich Eüch undt Louisse ambrassiren undt versichern, daß ich bin undt bleibe wie allezeit, nehmblich daß ich Eüch beyde von hertzen lieb behalte.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 31. März 1708 von Elisabeth Charlotte an Amalie Elisabeth zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 52–53
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0391.html
Änderungsstand:
Tintenfass