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Brief vom 25. Oktober 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


394.


[055]
Versaille den 25 October 1708.
Hertzliebe Louisse, umb in etwaß zu ersetzen, daß ich so lange nicht geschrieben, so schreibe ich heütte, ob ich zwar von grundt der seelen betrübt bin undt recht kopff- undt augenwehe habe von viellem schreyen; den vorgestern habe ich eine gutte undt trewe freündin verlohren, nehmblich die comtesse de Beuveron,[1] welches mich greüllich touchirt hatt. Hinfüro verspreche ich alle woch zu schreiben; den nun die arme fraw todt, ahn welcher ich alle tag große brieffe andtwortete, habe ich mehr zeit. Ewere beyde schreiben, wie auch alle die von Amelisse habe ich gar woll entpfangen, so woll die, so sie auff die post gethan worden, alß die, so mir durch den intendenten kommen; also werde ich dieße brieffe nur bloß auff die post thun. Ich bin fro, daß daß gutte ehrliche Schwetzingen wider gebawet ist, aber es ist mir recht leydt, daß Churpfaltz daß arme liebe schloß von Heydelberg nicht wider zu recht lest machen; daß ist heßlich, indem es ja daß stammhauß ist. Daß Wilhelmel[2] hatt mir alle zeittungen geschickt, so Euch abgenohmen. Wir haben Lenor[3] noch hir; die kan wegen der [056] unsicherheit nicht weg, welches mir gar nicht leydt ist, den ich habe sie lieb undt sie ist von gar gutte geselschafft; daß habe ich nun hoch von nohten, undt[4] meine trawerige gedancken zu vertreiben. Es ist mir recht lieb, daß Ewere augen wider beßer sein, undt wünsche Eüch eine volkommene geneßung. Ich weiß nicht, von welcher pomade Eüch die Rotzenheusserin gesprochen; alleweill habe ichs ihrer mutter gefragt, sie sagt, es seye von eben dem dockter, von welchem ich Eüch daß waßer geschickt habe. Ihr habt gar woll gethan, Eüch ahn den intendenten zu beklagen, waß man Ewern unterthanen gethan; den er hatt mir sehr versprochen, er wolle Eüch in alles dinnen, so ihm möglich sein solle, undt ich hoffe, daß er es thun wirdt, den er ist ein gutter ehrlicher man. Ein ander mahl werde ich mehr schreiben, heütte aber ist es mir ohnmöglich, mehr zu sagen, [alß] daß ich Eüch bitte, liebe Louise, wen Ihr I. L. den churfürsten von Braunsweig undt hertzog Ernst August wider segt, ihnen mein compliment zu machen, undt seydt versichert, daß ich Eüch von hertzen lieb habe!
P. S.
Ich bitte, liebe Louisse, so baldt Ihr dießen brieff werdet entpfangen haben, so andtwortet mir gleich wider! Den geht unßer comerse richtig, verspreche ich Eüch, alle wog richtig zu schreiben.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 25. Oktober 1708 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 55–56
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0394.html
Änderungsstand:
Tintenfass