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Brief vom 8. Dezember 1708

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


399.


[063]

A mad. Loyse, raugräffin zu Pfaltz, a Heydelberg.

Versaille den 8 December 1708.
Hertzliebe Louisse, wie ich mich eben hersetzte, umb Eüch zu schreiben, entpfange ich Eweren lieben brieff vom 17 November. Es ist war, liebe Louisse, daß Amelisse mir geschrieben, daß Ihr wider übel ahn Ewere augen gewest seidt. Ich wolte, daß Ihr herkommen köntet; den ich glaube, daß, wen Gendron Ewere augen sehen solte, würde er Eüch heyllen, den es ist gar ein gelehrter occulist; der docktoren sach ist es nicht. Ich habe es versprochen undt werde es halten; alle woch werdet Ihr einen brieff von mir bekomen, eins umbs ander, Amelisse undt Ihr. Ich schreibe alle tag, drumb seydt nur in keinen sorgen! Ich bins gewohnt; zu dem so seindt 2 personnen hir gestorben, so ich alle tag schriebe; ahn deßen stadt werde ich, wie schon gesagt, alle woch ahn Eüch undt Amelisse schreiben. Ich habe auch nun montags undt freytags weniger zu schreiben, indem, gott sey danck, mein lieber sohn vorgestern frisch undt gesundt wider kommen ist. Also macht Eüch, liebe Louisse, über meinem schreiben gar keinen scrupel! Lenor ist lengst wider zu Strasburg, ich hoffe aber, daß sie baldt widerkommen wirdt. Ihr lustiger humor endert gantz undt gar nicht. Ich bin nicht wie sie, die lust ist mir lengst vergangen, bin nun offt sehr reveux. Ach, liebe Louisse, waß hilfft wünschen, wen nichts volzogen wirdt? Mein vatterlandt habe ich recht lieb. Ich bin leyder in keinen standt, 2 tag zu reißen, undt wen ichs gleich were, würde man mirs nicht erlauben; man hatt mir nicht erlauben wollen, in Lotheringen zu meiner dochter zu reißen, will geschweygen den weitter. Gott seye ewig danck! Aber ma tante befindt sich nun gar woll undt ich auch, dancke Eüch sehr vor Ewere gutte wünsche, liebe Louisse! Ma tante, unßere liebe churfürstin, hatt mir dero herrn sohns ahnkunfft bericht. Wie kompts, daß die post [064] so gar unrichtig von Heydelberg nach Hannover gehet? Sorgen habe ich auch unerhört außgestanden, wie ma tante ihren husten gehabt hatt. Es ist eine schande, daß deß churfürsten zu Pfaltz leütte Eüch so gar lang auffhalten. Wenn man bey leütten ist, so man lieb hatt undt nach seinen sin leben kan, deücht mir, das einem die zeit nie lang fallen kan. Mein sohn macht mir auch erschrecklich den frieden wünschen, ich sehe aber leyder noch schlegte ahnstaldt dazu. Ich gestehe, daß mich meines sohns ahnkunfft woll hertzlich erfrewet hatt. Er ist diß jahr allein glücklich geweßen. Ich bin wie die graffin Effern, bin auch etlich mahl recht gritlich. Es ist mir lieb, daß Ihr zufrieden mitt dem Monsieur de la Houssay[1] seydt; den es ist ein gutter ehrlicher man. Daß compliment ahn churfürst undt hertzog von Braunsweig wirdt ein ander mahl ersetzt werden. Daß solle der churfürst auff ein endt haben, gerecht zu sein; damitt wirdt er eher [in] den himmel kommen, alß mitt betten. Wo soldatten ordinari hinkommen, geht es nicht woll her. Ewere lieben schreiben kommen mir nie zu lang vor; Ihr segt ja woll, wie exact ich andtworte. Drumb habt da keinen scrupel vor, es seye den wegen Ewere augen! Dieße entschuldigung laß ich gelten, aber die andere nicht. Adieu, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Eüch allezeit von hertzen lieb habe undt behalten werde! undt mögte gelegenheit finden, Eüch solches durch ahngenehme dinsten zu persuadiren können.
Ich kan ohnmöglich dießen brieff überleßen. Endtschuldigt die fehler, liebe Louise! Ihr seydt so gewondt, meine gekritzel zu leßen, daß Ihr woll errahten werdt, waß ich sagen will.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. Dezember 1708 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 63–64
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0399.html
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