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Brief vom 6. April 1709

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


416.


[092]

A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Heydelberg.

Versaille den 6 April 1709.
Hertzliebe Louisse, es war heütte recht schon wetter, ich habe michs zu nutz gemacht, bin anderthalb stundt zu fuß spatziren gangen, undt wie ich wider hereinkommen, hatt man mir Ewer liebes schreiben vom 30 Mertz gebracht, also just 8 tag. Daß ist daß frischte, so ich entpfangen, seyder Ihr zu Heydelberg seydt. Weillen meine nun auch geschwinder gehen, hoffe ich, daß hinfüro unßere corespondentz gantz befestiget wirdt werden undt woll gehen, welches mir recht lieb ist. Ich kan aber nicht begreiffen, warumb meine brieffe 3 tag lenger unter wegen sein, alß die Ewerige , liebe Louise! Es ist mir woll von hertzen leydt, daß eine so schlime ursach abermahl schuldt geweßen, daß Ihr mir nicht habt schreiben können undt daß Amelisse noch so harte ahnstöß gehabt hatt. Von einer solchen kranckheit habe ich die tag meines lebens nicht gehört, mögte wißen, wie es die docktoren heyßen. Es ist leicht zu begreiffen, waß vor schrecken man außstehen muß, wen man eine liebe schwester ersticken sicht. Gott gebe, daß ihr woll sein nun einmahl bestandt mag haben! wünsche von grundt meiner seelen, daß sie perfect geneßen möge. Es hatt keine eyll, daß sie mir schreibt, den die aplication mögt ihr schaden; also beßer, daß sie sich perfect courirt, umb ohne gefahr hernach zu schreiben können; nehme gern ihre grüße durch Eüch auff, liebe Louisse, wen sie nur recht courirt. Her Grunlinden nahmen erinere ich mich woll, aber seiner person kan ich mich nicht mehr recht erinern. Ich weiß ihm aber woll recht danck, sich meiner so woll zu erinern; bitte, wolt ihn doch meinetwegen grüßen undt [093] dancken! Alle trewe dinner von meinem herr vatter s. da halte ich viel auff undt mögte gelegenheit finden, ihnen zu dinnen können, thete es von hertzen gern. Er thut aber nicht woll, so selten zu Eüch zu kommen. Wen man docktor sicht, kan man historger genung erfahren; den sie wißen allezeit etwaß zu verzehlen. Dockter Faust war von recht gutter geselschafft. Dockter Nebel hatt groß unrecht, nicht zu mir [zu] kommen; alle Teütschen, insonderheit ehrliche Pfältzer, haben einen freyen zutritt bey mir, will geschweygen dan der bedinten kinder; hette nur kommen können undt seinen nahmen nehnen, so hette ich ihn gleich gesehen. Monsieur Polier reist nicht mehr, ist aber noch frisch undt gesundt, kompt allemahl zu mir, wen ich zu Paris bin, undt schreibt mir alle tag, ist doch nun 89 jahr alt. Der krieg hatt sein ziehl gesetzt. Wen die zeit wirdt kommen sein, daß unß gott der allmächtige frieden wirdt geben, wirdt sich schon alles schicken, man wolle oder wolle nicht. Es ist nun hir wider eine neüe betrübtnuß vorhanden, den monsieur le prince ist vergangen montag gestorben. Seine gemahlin, so ich dinstag zu Paris besucht, ist untrostbar undt hatt doch keine ursach, so betrübt [zu sein]; den die tugendtsame fürstin hatt viel bey ihm gelitten, ist nun in ruhe undt steinreich. Sonsten weiß ich nichts neües. Adieu, liebe Louisse! Seydt versichert, daß ich Eüch undt Amelisse allezeit von hertzen lieb behalte!
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 6. April 1709 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 92–93
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0416.html
Änderungsstand:
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