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Brief vom 22. Juni 1709

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


426.


[110]
Marly den 22 Juni 1709.
Hertzallerliebste Louise, vergangen sontag hatt man mir, wie [111] ich es woll gedacht, Ewer liebes schreiben vom 8 dießes raonts gebracht. Ich kan nicht wißen, auß waß ursachen Ihr selbige post kein brieff von mir entpfangen habt; den ich kan Eüch mitt warheit versichern, liebe Louise, daß ich kein eintzige post gefehlt habe, undt wen Ihr auch gleich meine brieff erwartet, hettet Ihr recht, weillen ichs Eüch ja versprochen habe, alle woch ein mahl zu schreiben. Es ist mir noch recht bang bey Amelisen ihren zustandt; den mich deücht, die docktoren wißen eygendtlich nicht, waß es ist. Gott gebe, daß das unschuldige mittel, so daß waßer auß den füßen gezogen, sie gantz couriren [möge]! Aber [haben] die docktoren nicht gesehen, daß es eine waßersucht wäre? Hir hatt man leütte von der waßersucht courirt, ihnen all gemach daß drincken abzuziehen, wens ihnen dürstet, undt zuletzt macht man sie nur den mündt spühlen, dörffen aber nicht schlucken, so werden sie perfect [curiert]. Man gibt ihnen auch kein sub zu eßen, nur lautter gebrattens ohne sauce. Die docktoren können die haußmittel nicht leyden undt die seindt offt beßer undt heylsamer, alß alle ihre regeln. Ich hoffe, daß der morgende tag mir beßere zeittung von Louisse[1] bringen wirdt. Ey, liebe Louise, macht doch die façon nicht mitt mir, zu sagen, daß Ewere erzehlung von Amelise zustandt zu lang! Den Ihr wist ja woll, daß ich Eüch offt gebetten, mir es eygendtlich zu berichten. Wehren wir beysamen, würdet Ihr offt händel bey mir bekommen auff Ewere ewige complimenten, die ich durchauß nicht leyden kan von denen, so ich lieb habe. Ich dancke Eüch sehr, liebe Amelisse,[2] vor alles gedruckte, so Ihr mir geschickt. Man mags nur leßen, umb zu sehen, daß der frieden so nicht werden kan. Daß heist man hir le partage de Mongomerie,[3] tout d’un coste et rien de l’auttre. [112] So kan der frieden nicht werden, die propositionen seindt gar zu barbarisch. Einen großvatter gegen sein leibliche enckel, so ihm allezeit soumis undt gehorsam geweßen, zu hetzen wollen, ist etwaß barbarisch undt unchristlich;[4] ich kans nicht leyden undt bin gewiß, daß die, so es erdacht haben, drüber von gott dem allmächtigen gestrafft werden werden. Hir haben wir nichts neües. Über 8 tag hoffe ich Eüch von Versaille zu versichern, daß ich Eüch undt Amelisse von hertzen lieb behalte, ambrassire Eüch beyde hiemitt.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 22. Juni 1709 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 110–112
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0426.html
Änderungsstand:
Tintenfass