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A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 21 September 1709.
Hertzliebe Louise, ich zweyffle nicht, daß Ihr nun zu Hannover
seydt undt mir von dortten werdet geschrieben haben, aber ich
habe noch nicht entpfangen. Die posten gehen nun gar zu
wunderlich; vorgestern bracht man mir ma tante paquet undt dero wehrtes
schreiben war vom 9 undt 10, gestern bekamme ich daß vom 5ten,
daß vom 2 undt 14 schwürmbt noch herumb. Gott weiß, wen ich
es bekommen werde. Daß macht alß der verdrießliche krieg,
welchen ich woll von hertzen müde bin, undt sehe doch noch kein
endt dran, das ist mir unleydtlich. Man hört undt sicht nichts
mehr, alß trawerige sachen. Einer beweint seinen bruder, dieße
ihren sohn, jenne ihren dochterman, suma, man sicht undt hört von
nichts, alß betrübtnuß. Wen die, so von hertzen betrübt sein,
erleichterung könten haben, viel in den standt zu wißen, worinen sie
sein, so soltet Ihr jetzt woll trost finden, liebe Louisse! Ich zweyffle
auch nicht, daß Ihr viel betrübte leütte zu Hannover werdet finden;
den die troupen haben sich über die maßen woll gehalten; aber es
seindt viel umbkommen, die woll betrübte werden nach sich gelaßen
haben, wie auch die Brandenbourgische. War Ewer neveu
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darbey, ist mir auch bang vor ihm umb Ewertwegen, den ich kene
ihn nicht. Mich verlangt, schreiben von Eüch zu bekommen, umb
diß alles zu erfahren. Weitter kan ich heütte nichts sagen; den
die großhertzogin hatt mir rendevous nach St-Clou geben, wo sie
mitt meinen enckelen ist, werde gleich nach dem eßen hin, habe
Eüch aber vorher schreiben wollen, umb meinen sambstag nicht zu
verfehlen, in welchem ich Eüch versprochen, allezeit zu schreiben
undt zu versichern, daß ich Eüch recht lieb behalte, liebe Louise!