[132]
A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Hannover.
Versaille den 12 October 1709.
Hertzliebe Louisse, ob ich zwar gar nicht sicher bin, daß Ihr
dießen brieff entpfangen möget, so will ich doch nicht unterlaßen,
auff allen hazard zu schreiben, weillen ich Eüch, liebe Louisse,
[133]
versprochen, keinen sambstag verbey zu gehen laßen, ohne Eüch zu
schreiben. Waß mich fürchten macht, daß Eüch dießer brieff nicht
zukommen wirdt, ist, daß ich auß ma tante, unßerer lieben fraw
churfürstin, letzten brieff vom 23 September ersehen, daß meine
brieffe nicht mehr ahnkommen undt daß I. L. schon 3 posten
gefehlt hatten; ob ich zwar 3 von I. L. bekomen, fehlen mir doch
noch 4, ein gar alter undt 3 zimblich neüe. Von hir kan ich Eüch
nicht viel verzehlen. Dießen nachmittag seindt wir von Marly wider
herkommen, alwo wir morgendts den hirsch gejagt undt gar eine
schönne jagt gethan haben. Es war daß schönste wetter von der
weldt, wie im frühling, wetter kalt noch warm, eine rechte samffte
lufft. Ma tante hatt mir geschriben, daß es I. L. gefrewet hatt,
Eüch wider bey sich zu haben; daß sage ich Eüch, liebe Louisse,
den ich bin gewiß, daß Ihr ein recht vergnügen dran werdet haben.
Ich glaube auch, daß es Eüch wirdt gefrewet haben, Ewere liebe
cronprintzes zu Hannover zu finden. Ich bitte Eüch, liebe Louisse,
wofern I. L. noch dort sein, wen Ihr dießen brieff entpfangen
werdet, so macht doch mein compliment ahn I. L., wie auch ahn
I. L. den cronprintz, wen er dort wirdt ahnkommen sein! Daß ist
alles, waß ich Eüch vor dießmahl sagen werde in der ungewißheit,
ob Ihr meinen brieff bekompt. Adieu, liebe Louisse! Seydt
versichert, daß ich Eüch recht lieb behalte!
Sontag den 13 October umb 10 morgendts. In dießem
augenblick entpfange ich ein schreiben von mademoiselle de Malausse;
die schreibt mir, daß Ewer neveu bey der graußame schlagt
geweßen undt frisch undt gesundt davon kommen ist,
[1] deßen ich
mich noch mitt Eüch, liebe Louisse, habe erfreüen wollen; den ich
weiß, wie lieb Ihr Ewern neveu habt, hoffe undt wünsche, daß ihn
gott der allmächtige zu Ewerm trost noch ferner erhalten möge.